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EAM 05/2024 - Oktober/November
Das nunmehr dritte Jahr in Folge versammelten sich VW-Fans aus ganz Europa auf der Schweizer Seite des Lago Maggiore zum ID.-Treffen. Neben gemeinsamen Ausfahrten und dem Präsentieren der eigenen getunten Fahrzeuge stand auch die Premiere eines sportlicheren ID.7 auf der Agenda. EAM-Redakteur Robin Engelhardt war vor Ort und hat sich ein Bild von der wachsenden Elektro-Community gemacht.
Vor dem Treffen tun wir es den anderen ID.-Fahrern gleich und reisen mit einem elektrischen Volkswagen in die Schweiz. Auf der Strecke München-Locarno wollen wir ausprobieren, wie langstreckentauglich der VW ID.5 ist. Start- und Endpunkt der Reise ist der Münchner Flughafen, nach Locarno geht es über die San Bernadino-Route, hin durch den Tunnel und zurück über den bekannten Pass mit einer Scheitelhöhe von 2.066 Metern über dem Meer.
Auf der sehr wechselhaften Strecke erweist sich unser ID.5 als brauchbarer Langstreckenkreuzer. Nach 947 Kilometern weist der Zähler einen Verbrauch von exakt 20,0 kWh/100 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h aus. Nutzt man die 77 kWh (netto) des Akkus voll aus, entspricht das 385 Kilometern Realreichweite. Im Stadtverkehr kommen wir auf 14,6 kWh/100 km herunter, im Pendler-Alltag (und bei sommerlichen Temperaturen) sind also über 500 Kilometer drin – wenn man seinen Stromfuß im Griff hat. Wir wählen lieber die Option „Fahrspaß“ und machen deswegen unterwegs einen kurzen Ladestopp, eine Viertelstunde Laden an der Raststätte „Heidiland“ reicht für die Weiterfahrt.
Bemerkenswert ist auf der ganzen Fahrt eigentlich nur, wie selbstverständlich elektrisches Reisen mittlerweile geworden ist. Musste man noch vor nicht allzu langer Zeit fast immer die Autobahn zum Laden verlassen, findet man heute an vielen Raststätten einen Schnelllader. Auch die Ladezeit ist kein Thema mehr, im Gegenteil: Das Auto ist schneller bereit für die Weiterfahrt, als wir im Restaurant unser Rösti essen können.
Eine große Unterstützung ist dabei auch der verbesserte Ladeplaner, der nun sinnvollere Routen plant und keine 2-Minuten-Ladestopps mehr vorschlägt. Insbesondere die Option, den Ladestand am Zielort einzustellen, ist sinnvoll – je nachdem, wie viel Puffer man möchte. Wir wissen, dass wir in Locarno genug Lademöglichkeiten haben werden und wählen deswegen das Minimum: 10 Prozent.
In Locarno angekommen finden wir auf dem Platz „La Rotonda“ bereits zahlreiche IDs vor. 130 sind es insgesamt, die meisten ganz normale, einige hingegen mit kleineren oder größeren Modifikationen. ID.3s finden sich vor allem mit optischem Tuning, in bunten Farben, ausgefallenen Folierungen oder extravaganten Felgen. Bei den ID.4 und 5 dominieren Offroad-Kits mit mehr Bodenfreiheit, größerem Böschungswinkel oder stärkerer Beleuchtung.
Bei den anwesenden ID. Buzz finden sich verschiedene Campingeinbauten, manche sogar mit Anhänger. Tuning kommt langsam also auch bei den Elektrofahrzeugen an, allerdings beschränken sich die meisten auf optische Modifikationen, der Antriebsstrang wurde nur bei einem einzigen Fahrzeug angefasst, dem ID.X Performance.
Am letzten Tag des Events präsentierte Volkswagen das Konzeptfahrzeug ID.X Performance. Passend wäre wohl auch die Bezeichnung „ID.7 R“ oder „ID.7 GTX“, denn er ist ein sportlicher Ableger des ID.7. Mit breiterer Spur, tieferem und strafferem Fahrwerk, dickem Spoiler und einem 411 kW starken Allradantrieb soll er deutlich flotter und agiler unterwegs sein als der normale ID.7. Im Innenraum gibt es zusätzlich diverse Verstärkungen der Karosserie, vier Schalensitze und ein extra Display für Einstellungen am Fahrwerk.
Der Wagen ist zwar ein handgefertigtes Einzelstück, durch ein Serienauto als Basis aber sehr realitätsnah und keine aus der Luft gegriffene Studie. Trotzdem betont VW bei jeder Möglichkeit, dieses Auto nicht bauen zu wollen. Schade! Denn der Wagen hätte nicht nur das Potential, das Kürzel „GTI“ in die Zukunft zu tragen, VW hätte damit auch zu diversen Wettbewerbern aufholen können, die schon lange E-Autos in dieser Leistungsklasse anbieten. Vielleicht finden sich dennoch ein paar Elemente in einem sportlicheren, wenn auch handzahmeren Ableger des ID.7 wieder.
Die ID-Reihe wurde in der Vergangenheit viel gescholten. Das Design sei zu futuristisch, die Software zu schlecht, die Fahrzeuge nicht „emotional“ genug. Auf dem dritten ID.-Treffen bewies VW, dass sie auch im Elektrozeitalter eine große Community um sich scharen können.
Es geht nicht mehr um laute Motoren und um das Herumschrauben an selbigen, viel mehr stehen Individualisierung des eigenen Fahrzeugs und Begeisterung für das Automobil im Generellen noch mehr im Mittelpunkt. Auch die oft verbreiteten Sorgen um die Ladeinfrastruktur zerstreuen sich hier einmal mehr – trotz 130 Elektrofahrzeugen auf einem Fleck, die bei An- und Abfahrt die Ladeinfrastruktur rege in Anspruch nehmen, kam es nirgends zu Warteschlangen.
Ein Wehrmutstropfen bleibt aber: Dass VW mit dem ID.X Performance endlich in Leistungsdimensionen von Tesla und Kia EV6 GT vorstößt, ihn aber nicht in Serie bauen möchte. Eine verpasste Chance, finden wir. Ohne Schalensitze und Pommestheke, aber mit dem stärkeren Antrieb und dem verbesserten Fahrwerk hätte er es durchaus verdient, als „GTX“- oder „R“-Version in Serie zu gehen. Ein stark motorisiertes, vollelektrisches Topmodell fehlt den Wolfsburgern nämlich noch.
Fotos: R. Engelhardt, Volkswagen
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