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EAM 02/2024 - April/Mai
Es ist zwar „nur“ ein Ableger des Model 3, doch die erste Fahrt mit dem neuen Model Y zeigt: Das elektrische SUV hat das Zeug zum meistverkauften Tesla.
Bei Image und Börsenwert hat Tesla die etablierte Autowelt längst überholt. Doch so imposant der Absatz des Elektro-Pioniers mittlerweile auch sein mag, ist er gemessen an den größten Autobauern wie VW, Toyota und GM noch immer ein Nischenhersteller. Mit dem Model Y will Firmenchef Elon Musk das ändern – und wagt sich deshalb mit dem für amerikanische Verhältnisse äußerst kompakten SUV in das aktuell am stärksten umkämpfte, dafür aber aussichtsreichste Segment des Marktes.
Im dicht besetzten SUV-Segment setzt Tesla deshalb auf die bewährte Technik des Model 3. Das drückt die Kosten und soll so ein Basismodell für 39.900 Dollar ermöglichen. Für den deutschen Markt wird ein Basispreis von rund 45.000 Euro angepeilt. Durch die geteilte Plattform sind auch die Modellvarianten vordefiniert, die sich an denen des Model 3 orientieren. Wie bei der Limousine wird es auch das rund 1 500 Euro teurere Model Y in drei Versionen geben. Los geht es mit dem „Performance“ und dem „Long Range“, beide mit je einem Motor pro Achse und bis zu 505 Kilometern WLTP-Reichweite. Später folgt der „Standard“ mit Heckantrieb und wahrscheinlich knapp 400 Kilometern Aktionsradius. Da Europa allerdings aus der neuen Gigafactory bei Berlin beliefert werden soll, wird es bis zur Markteinführung noch mindestens ein Jahr dauern. Die Autovermietung Nextmove hat allerdings bereits ein Model Y importiert, welches wir fahren konnten.
Weder das höhere Gewicht noch die größere Stirnfläche sind zu spüren, wenn das Performance-Model Y nach vorne schnellt und dabei alles ein Nachsehen hat, was sich sonst Crossover oder SUV nennt in dieser Klasse. Selbst die leistungsstärksten Vertreter dieser Fahrzeugklasse beiben zurück, wenn man in nur 3,7 Sekunden auf Tempo 100 sprintet. Und man muss schon einen Porsche Taycan fahren, wenn man das 241 km/h schnelle Model Y mit einem Konkurrenzprodukt elektrisch überholen will. Allerdings sind das eher theoretische Werte: Denn auch bei einer Normreichweite von 480 Kilometern im Performance-Modell schrumpft der Aktionsradius vergleichsweise flott, wenn jeder Kickdown gleich ein Dutzend Kilometer kostet.
Fahrverhalten und Handling des Modells Y passen dabei zu seinen Leistungsdaten und anders als das Model X hält es sich auch in engen und zügig durchfahrenen Kurven angenehm aufrecht. Der Allradantrieb hilft dabei die Leistung möglichst verlustfrei auf die Straße zu bekommen. Diesmal geht Tesla beim Allradsystem noch einen Schritt weiter und programmiert einen Offroad-Assistenten, der auf losem Grund eine sanftere Leistungsentfaltung ermöglicht, die Kraft gleichmäßiger verteilt und mehr Radschlupf erlaubt.
Während es bei der Technik also zumindest marginale Unterschiede gibt, sind Optik und Innenraum des Fahrzeugs fast identisch zum Model 3. Außer der elektrischen Heckklappe und dem größeren Panoramadach gibt es deshalb weder bei der Ausstattung noch beim Ambiente nennenswerte Differenzen. Das gilt für Software-Funktionen, wie den Autopiloten oder das Infotainment, und es gilt natürlich auch für das fast schon beängstigend leere Cockpit, das einmal mehr auf nahezu alle Schalter und jegliche Anzeigen jenseits des Tablets verzichtet.
Bei allen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch ein paar gravierende Unterschiede zum Model 3 – vor allem im täglichen Umgang: Etwa zwei Fingerbreit mehr Bodenfreiheit und eine zwei Handbreit höhere Dachlinie bedeuten entspannteres Ein- und Aussteigen, bessere Sicht durch größere Fenster und mehr Kopffreiheit. Und weil das 4,75 Meter lange Crossover die Limousine in der Länge um rund sechs Zentimeter überragt, geht es insbesondere im Fond komfortabler zu. Die Kopfstützen mögen etwas niedrig sein und die massive Traverse am Ende des Glasdaches kommt dem Schädel ziemlich nahe, aber im Vergleich zum Model 3 reisen selbst Erwachsene bequem auf dem Rücksitz, erst recht, seitdem man dort die Lehne in der Neigung verstellen kann.
Der größte Unterschied zum Model 3 liegt daher noch weiter hinten – im Kofferraum. Während die Limousine nur einen kleinen Deckel und ein limitiertes Ladevolumen bietet, ist die Klappe beim Model Y am Dach angeschlagen und bietet so bequemen Zugang zu einem riesigen Kofferraum. Bis zu 1 900 Liter Laderaum verspricht Tesla, wenn die Rücksitze auf Knopfdruck nach vorne gefallen sind und man auch den „Frunk“ noch mitrechnet. Nur wo die dritte Sitzreihe hin soll, die Elon Musk als Option versprochen hat, mag sich einem nicht erschließen: Wie man ihre Bank auch dreht und wendet, passen vor dem geistigen Auge keine zwei weiteren Passagiere mehr ins Auto. Nicht mal im Vorschulalter.
Gefällige Form, praktisches Format, angesagte Fahrzeuggattung, spektakuläre Fahrleistungen und zumindest die Aussicht auf einen fairen Preis – so hat das Model Y tatsächlich die Chance, Tesla gar vollends aus der Nische zu führen und zum meistverkauften Modell der Marke aufzusteigen. Aber reicht es auch zum Bestseller im Boomsegment der Mittelklasse-SUV? Das wird schwieriger denn je. Denn die Konkurrenten sind nicht nur viel stärker geworden und starten selbst mit dezidiert um den Elektroantrieb herum entwickelten Modellen. Zum ersten Mal könnten sie auch schneller sein. Zumindest bei der Markteinführung. Bislang immer Vorreiter, könnte Tesla so zum Verfolger werden und müsste das Feld von hinten aufrollen. Das Zeug dazu hätte das Model Y auf jeden Fall.
Der vollständige Fahrbericht zum Tesla Model Y erscheint in Ausgabe 04/2020 der Elektroautomobil. Ab 23. Juli 2020 am Kiosk oder als E-Paper erhältlich.
Fotos: Frank Ratering
Tesla Model Y Performance | |
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Antrieb: | Asynchronamschine an der Vorderachse, permanenterregte Synchronmaschine an der Hinterachse, Allradantrieb |
Leistung: | 377 kW |
Drehmoment: | 660 Nm |
Batterie: | flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie; Rundzellen |
Energieinhalt (brutto/netto): | 79 kWh/74 kWh |
Höchstgeschwindigkeit: | 241 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h): | 3,7 s |
Reichweite (nach WLTP): | 480 km |
Ladestandard AC: | Typ2 11 kW 3p |
Ladestandard DC: | CCS 200 kW, Supercharger (V2): ~150 kW, Supercharger (V3): ~250 kW |
Länge: | 4,75 m |
Breite (ohne Spiegel): | 1,92 m |
Höhe: | 1,62 m |
Luftwiderstandsbeiwert (cW): | 0,23 |
Kofferraum: | max. 1900 l (inkl. Frunk) |
Leergewicht: | 2003 kg |
Anhängelast (gebremst/ungebremst): | 1600 kg/750 kg |
Preis: | DE: ab 65.620 € / AT: ab 69.000 € |
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Ich interessierte mich 2013 für Tesla, habe einige Probefahrten gemacht, wollte aber kein Auto mehr mit einer Breite von über 2 Metern. Habe auch schon Probefahrten mit Model 3 gemacht und möchte das Model Y probefahren. Ab wann ist das in der Schweiz möglich? Bin derzeit noch mit meinem eleganten und starken Jaguar XFR unterwegs..Danke für Ihre rasche Antwort. Beste Grüsse FH
Hallo Herr Hediger,
das Model Y wird frühestens gegen Ende nächsten Jahres in Deutschland für Europa produziert werden. Daher wird es nicht vor Ende 2021 möglich sein, Probefahrten mit dem Model Y zu unternehmen.
Viele Grüße
Die EAM-Redaktion