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EAM 06/2024 - Dezember/Januar
Die EV-Familie wächst: Nach dem internationalen Erfolg des EV6 stößt Kia mit dem Full-Size-SUV EV9 ins elektrische Premiumsegment vor und tritt im Laufe dieses Jahres voller Ehrgeiz gegen die hierzulande etablierte Konkurrenz an.
Wie erwartet haben es weder die gegenläufig öffnenden Türen noch die filigranen Kamera-Außenspiegel in die Serienversion geschafft, davon abgesehen sieht der EV9 dem Ende 2021 vorgestellten Konzeptfahrzeug aber überraschend ähnlich. Das kantige Design des wuchtigen SUVs bildet einen scharfen Kontrast zu den weichen Formen des kleinen Bruders EV6 und wird im Straßenbild zweifellos aus der Masse herausstechen.
Optisch kann man sich das riesige Gefährt auf europäischen Straßen recht schwer vorstellen, andererseits hat man sich auch an den Anblick vergleichbar großer deutscher Fabrikate gewöhnt. Zudem tangiert Kia mit dem EV9 ohnehin vor allem den amerikanischen Markt, weshalb das wuchtige Design (cW-Wert immerhin 0,28) auch aus der Feder des Kia-Designstudios in Kalifornien stammt.
Der schlichte Innenraum ist weitestgehend vom EV6 bekannt und bietet zwei 12,3-Zoll-Displays, die von einer Leiste mit haptischen Knöpfen ergänzt werden. Außerdem wartet der EV9 mit einem breiten Spektrum an Sitzkonfigurationen auf, um den unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Sitze in den vorderen beiden Reihen lassen sich in eine bequeme Liegeposition bringen, die Sitze in der zweiten Reihe wiederum um 180 Grad drehen, um besser mit den Passagieren in der dritten Reihe interagieren zu können. Wahlweise wird es den Kia EV9 sowohl als Sechs- als auch als Siebensitzer geben.
Leder und andere Materialien tierischen Ursprungs hingegen finden in Kias neuer Markenphilosophie keinen Platz mehr, stattdessen setzen die Koreaner auf die Verwendung nachhaltiger Alternativen. So kommen im Interieur jedes EV9 je nach Konfiguration zwischen 70 und 100 recycelte Plastikflaschen zum Einsatz, zusätzlich werden biobasierte Materialien wie Maisextrakt und Zuckerrohr verarbeitet. Kia denkt sogar darüber nach, künftig einen Teil der Rohstoffe selbst herzustellen, um die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken und nachhaltiges Wirtschaften auf jeder Stufe zu gewährleisten – Nachhaltigkeit ist eben nicht nur eine Sache des Antriebs.
Neu ist auch der Kia Connect Store, eine Art fahrzeuginterner Play Store, über den sich digitale Funktionen updaten oder upgraden lassen, ohne das Fahrzeug zu einem Händler bringen zu müssen. So können nachträglich noch Assistenzsysteme hinzugefügt oder – ähnlich wie beim Polestar 2 – ein Leistungsupgrade für die Allradvariante des EV9 erworben werden. Dadurch muss sich der Kunde beim Konfigurationsprozess nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob er die richtige Ausstattung gewählt hat, denn so gut wie alle Funktionen lassen sich im Nachhinein über den Connect Store unkompliziert hinzubuchen.
Besonders stolz ist Kia auch auf den Autobahn-Staupiloten, der mithilfe von 13 Sensoren und zwei Lidar-Systemen sämtliche Voraussetzungen für künftiges autonomes Fahren nach Level 3 schaffen soll. Somit wird das Fahrzeug dazu in der Lage sein, in bestimmten Situationen automatisiert zu fahren, sodass der Fahrer die Steuerung vorübergehend dem Staupiloten überlassen kann. Klingt zwar schön und gut, allerdings plant Kia, das neue System ausschließlich im EV9 GT-Line anzubieten – eine recht fragwürdige Entscheidung. Wieso muss sich der Kunde für die teuerste Ausstattungslinie entscheiden, um in den Genuss des teilautomatisierten Fahrens zu kommen?
Der EV9 wird in verschiedenen Antriebskonfigurationen angeboten. So lässt sich der 99,8-kWh-Akku wahlweise mit einem Heckantrieb sowie einem Allradantrieb kombinieren, in ausgewählten Märkten wird zudem ein RWD-Einstiegsmodell mit einer Akkukapazität von 76,1 kWh erhältlich sein. Der heckgetriebene EV9 mit dem großen Akku bietet eine WLTP-Reichweite von bis zu 541 Kilometern. Das 800-Volt-System der E-GMP-Plattform sorgt dafür, dass in rund 15 Minuten Strom für eine Strecke von 239 Kilometern nachgeladen werden kann.
Variante Kia EV9: | RWD 76,1 kWh | RWD 99,8 kWh | AWD 99,8 kWh | AWD 99,8 kWh (Boost) |
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Antrieb: | Hinterradantrieb | Hinterradantrieb | Allradantrieb | Allradantrieb |
Batterie: | 76,1 kWh | 99,8 kWh | 99,8 kWh | 99,8 kWh |
Reichweite (WLTP): | N/A | 541 km | N/A | N/A |
Leistung: | 160 kW | 150 kW | 283 kW | 283 kW |
Drehmoment: | 350 Nm | 350 Nm | 600 Nm | 700 Nm |
0–100 km/h: | 8,2 s | 9,4 s | 6,0 s | 5,3 s |
Die vorläufigen Beschleunigungswerte liegen zwischen 6,0 und 8,2 Sekunden auf 100, für die Allradversion kann ein Boost auf 5,3 Sekunden nachträglich hinzugebucht werden. Da sportliche und leistungsstarke SUV nach wie vor voll im Trend sind und Kia den Erfolg des EV6 GT (Fahrbericht) fortschreiben möchte, arbeitet die Marke bereits an einem EV9 GT, um das Angebot nach oben hin mit einer performanten Variante abzurunden – diese erscheint aber frühestens Mitte 2025.
Zur Preisgestaltung wolle man sich noch nicht äußern, erklärt Präsident Ho-sung Song gegen Ende der Pressekonferenz, man behalte die Konkurrenzmodelle im Blick und lege sich erst in den kommenden Monaten auf einen Einstiegspreis fest. Wenngleich exakte Abmessungen und viele technische Details noch nicht bekannt sind, ist es offensichtlich, dass sich der EV9 mit Größen wie dem Mercedes EQE SUV und BMW iX messen möchte – so ein Markteintritt will gut überlegt sein.
In Korea starten die Vorbestellungen des EV9 im zweiten Quartal dieses Jahres, voraussichtlich wird die deutsche und österreichische Kundschaft Ende 2023 zum Zug kommen – bleibt abzuwarten, ob sich der in Amerika designte Koreaner auch bei uns in Europa behaupten und an den Erfolg des EV6 anknüpfen kann.
Fotos: Kia
Quelle(n): Pressemitteilung von Kia vom 28.03.2023, Online-Presseveranstaltung vom 28.03.2023
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