Die aktuelle Ausgabe!
EAM 06/2024 - Dezember/Januar
An diesen Anblick werden sich Teslafahrerinnen und -fahrer gewönnen müssen: Elektroautos anderer Hersteller ladend am Supercharger. Denn ab sofort können an ausgewählten Standorten in Deutschland auch Fremdmarken die Supercharger von Tesla nutzen. Ob Tesla damit die etablierten Ladesäulenbetreiber ausstechen kann, bleibt allerdings fraglich. Ein erster Test.
Überraschend kam die Meldung nicht: Tesla ermöglicht ab sofort an ausgewählten Supercharger-Standorten in Deutschland, Finnland, Dänemark, Luxemburg und der Schweiz das Laden mit Elektroautos anderer Marken. In Deutschland sind 16 Standorte mit in Summe 314 einzelnen Superchargern zur Nutzung freigegeben worden. Hier handelt es sich augenscheinlich um Standorte mit vielen „Stalls“ (also Ladesäulen) und die eine gute Auslastung versprechen.
Bereits zuvor hatte Tesla die Supercharger in weiteren Ländern, darunter Belgien, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Spanien und Schweden, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Um die Tesla-Supercharger nutzen zu müssen, muss man die Tesla-App auf seinem Smartphone installieren, sich ein Kundenkonto anlegen und eine Zahlmethode hinterlegen. Danach kann man über die Funktion „Laden Sie Ihr Nicht-Tesla-Fahrzeug auf“ nach einem freigegebenen Supercharger-Standort suchen. Je nach Standort sollen Fremdmarken hier mit mindestens 150 kW, an manchen Standorten sogar mit bis zu 250 kW laden können – wobei letzteren Wert so gut wie kein Fahrzeug wird schaffen können.
Hintergrund: An üblichen High-Power-Chargern mit CCS-Stecker liefern die Ladesäulen maximal 500 Ampere. Auf diesen Strom sind alle performant ladenden Nicht-Tesla-Fahrzeuge mit 400-Volt-System ausgelegt, z. B. der Mercedes EQS oder der BMW iX. Bei 400 Volt Batteriespannung bedeutet das eine maximale Ladeleistung von 200 kW. Für höhere Ladeleistungen verfügen Nicht-Tesla-Fahrzeuge über Bordspannungen von über 400 Volt, etwa der Porsche Taycan oder der Hyundai Ioniq 5. Die höhere Ladeleistung wird dann über eine höhere Ladespannung erzeugt.
Tesla-Fahrzeuge arbeiten allerdings mit einem 400-Volt-Batteriesystem. An den Superchargern werden die hohen Spitzenladeleistungen von bis zu 250 kW daher über höhere Ströme von über 500 Ampere erzeugt. Tesla hat seine Fahrzeuge und Ladesäulen darauf ausgelegt, alle anderen Hersteller allerdings nicht. Daher werden Fremd-Marken hier mit maximal 200 kW laden können – was in den allermeisten Fällen jedoch ebenfalls ausreichend sein wird.
Wir haben uns für den ersten Test mit einem Nicht-Tesla-Fahrzeug den Supercharger-Standort in Leonberg am viel frequentierten Autobahndreieck von A8 und A81 bei Stuttgart entschieden. Als Testfahrzeug nutzten wir unseren neuesten Testwagen, den Citroën ë-Berlingo, der baugleich u. a. mit dem Opel Combo-e Life ist.
Da alle Teslas ihre Ladeklappe hinten links haben, sind die Tesla-Supercharger oft so angelegt, dass man rückwärts an den Supercharger heranfährt und dann das relativ kurze CCS-Ladekabel (bei Tesla Model 3 und Model Y) einstecken kann. Bei unserem Testwagen befindet sich die Ladedose ebenfalls hinten links – allerdings nicht ganz so weit „hinten im Eck“ wie bei Tesla, wodurch das Ladekabel gerade so bis zur Ladedose reicht.
Hier zeigt sich bereits eines der größten Mankos des Supercharger-Netzwerks: Die Ladestationen wurden für Teslas ausgelegt, weshalb nicht alle Fahrzeuge nah genug an die Ladestationen werden heranfahren können, ohne dabei den Parkplatz der daneben stehenden Ladesäule zu blockieren. Ideal sind Fahrzeuge, die ihre Ladedose entweder hinten links, vorne rechts oder eben in der Front („Nasenlader“) haben.
Schwierigkeiten werden Fahrzeuge haben, bei denen die Ladedose beispielsweise in einem Kotflügel vorne links verbaut ist (etwa Audi e-tron), oder hinten rechts (z. B. der VW ID.3 und alle weiteren MEB-Modelle oder auch Modelle von Mercedes und BMW). Selbst der Porsche Taycan, bei dem sich die CCS-Ladedose vorne rechts im Kotflügel befindet, wird möglicherweise nicht nah genug an die Stalls heranfahren können, damit das kurze Kabel bis zum Ladeport reicht. Letztlicht hängt das jedoch auch stark von den örtlichen, baulichen Gegebenheiten des Superchargers ab.
Mit unserem ë-Berlingo klappte das Laden trotzdem problemlos: CCS-Kabel anstecken, die Ladestation in der App auswählen (die jeweilige Nummer steht unten auf dem Stall) und dann den Ladevorgang starten. In der App wird man anschließend über den aktuellen Ladezustand informiert und hierüber wird der Ladevorgang auch beendet.
Beim Ladepreis orientiert sich Tesla am Wettbewerb und verlangt je Kilowattstunde happige 70 Cent. Durch eine „Mitgliedschaft“, sprich eine monatliche Grundgebühr, kann der Preis auf akzeptable 50 bis 60 ct/kWh reduziert werden. Der reduzierte Preis variiert von Standort zu Standort und kann in der App eingesehen werden. Dazu wird eine Blockiergebühr erhoben, wenn der Standort zu mindestens 50 Prozent ausgelastet ist. Diese beträgt bis zu einem Euro pro Minute und fällt an, wenn das Fahrzeug länger als fünf Minuten nach Beendigung des Ladevorgangs nicht bewegt wird.
Zum Vergleich haben wir einige Ad-hoc-Ladepreise weiterer, etablierter Ladestationsbetreiber zusammengestellt:
Ladestationsbetreiber | Ad-hoc-Ladepreis |
---|---|
Aral pulse | 69 ct/kWh |
EnBW | 55 ct/kWh |
Fastned | 69 ct/kWh |
Ionity | 79 ct/kWh |
Tesla | 70 ct/kWh |
Mit entsprechenden Grundgebühren können die Preise zum Teil deutlich reduziert werden:
Ladestationsbetreiber | Ladepreis mit Grundgebühr | Grundgebühr |
---|---|---|
EnBW | 46 ct/kWh | 5,99 €/Monat |
Fastned | 45 ct/kWh | 11,99 €/Monat |
Ionity | 35 ct/kWh | 17,99 €/Monat |
Tesla | 50-60 ct/kWh | 12,99 €/Monat |
Mit anderen Ladestromanbietern bzw. Ladeverträgen können die Ladepreise bei den Ladestationsbetreibern natürlich auch deutlich niedriger ausfallen, wie wir regelmäßig in unserem Magazin erläutern. Bei Tesla hat man jedoch keine Möglichkeit, die Ladekarten bzw. –tarife anderer Ladestromanbieter zu nutzen.
Wir begrüßen natürlich, dass Tesla sein Supercharger-Netzwerk sukzessive öffnet und damit das Angebot an Schnellladestationen entlang wichtiger Verkehrsrouten vergrößert wird. Allerdings ist die Nutzung mit einigen Kompromissen verbunden: So dürften nicht wenige Fahrzeuge Probleme mit dem kurzen Ladekabeln der Tesla-Ladesäulen bekommen. Außerdem werden zum Laden eine weitere App und ein weiteres Kundenkonto benötigt – vorhandene Ladeverträge können (noch?) nicht genutzt werden. So ist man auch von den vergleichsweise hohen Ladepreisen abhängig.
Daher werden sich Teslafahrerinnen und –fahrer zwar damit anfreunden müssen, dass sich nun auch Fremdmarken am Supercharger einfinden, den Löwenanteil werden aber weiterhin die Tesla-Fahrzeuge stellen.
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Ich denke, Tesla hat nicht die Absicht, andere Betreiber auszustechen. Es geht eher darum, im alten Google’schen Sinne ’nicht böse‘ zu sein. Wenn einem Fahrer einer Fremdmarke sehr geholfen wäre, wenn er einen bestimmten Supercharger verwenden kann, dann soll er es auch tun können. Das hilft auch allgemein der beschleunigten Transformation zu erneuerbaren Energien, Teslas offiziellem und auch wirklich faktischem Ziel. Tesla hat aber kein Interesse daran, dass die eigenen Charger massenhaft von Fremdladern bevölkert werden. Man hat das Netz ja primär für die eigenen Kunden aufgebaut.
Die Subscription, mit der man bei Tesla den Preis reduzieren kann (auf den Preis, den auch Tesla-Fahrer zahlen), ist übrigens wie bei Tesla üblich monatlich kündbar. Es kann sich daher durchaus lohnen, die auch dann abzuschließen, wenn man es nur für eine einzige Reise braucht. Sie lohnt sich finanziell in der Regel ab dem zweiten Ladevorgang im Monat, wenn man denn tatsächlich einen Tesla-Charger braucht. Also z.B. auf der Rückfahrt, selbst wenn es nur ein einziger Standort ist.