Erste Fahrt im neuen Elektro-Mini

22.04.2022 von Thomas Geiger

Der übers Eis tanzt

Bis zum Marktstart der neuen Elektro-Mini-Generation dauert es noch ein Weilchen, doch durfte EAM-Redakteur Thomas Geiger schon mal als Beifahrer im neuen Stromer Platz nehmen. Bleibt die Marke ihrem Nimbus treu?

Wird’s den klappen? Über das Design lässt sich ja immer trefflich streiten – und in den letzten Jahren ganz besonders. Doch fahrdynamisch sind die Autos bei BMW über alle Zweifel erhaben – egal, ob sie nun aus München kommen, aus Goodwood oder aus Oxford. Doch wenn die Bayern jetzt die nächste Generation des elektrischen Mini auf den Weg bringen, dann werden vorsichtige Zweifel laut. Denn zum ersten Mal haben sie sich dafür in ein Joint Venture mit den Chinesen gestürzt und neben der Produktion auch die Verantwortung für die Plattform und Teile der Entwicklung an Great Wall Motors abgetreten.

Eine Deutsch-Chinesische Erfolgsgeschichte?

Zuallererst geht es ihnen darum, endlich einen vernünftigen Zugang zum größten Automarkt der Welt zu finden. Aber natürlich will BMW so auch von der Erfahrung und den günstigeren Konditionen der größten E-Auto-Nation profitieren und so entweder die Preise auch für Europa drücken oder zumindest den Profit mehren. Kein Wunder also, dass die Mini-Fans ein bisschen um die Identität und den Charakter ihres Lieblings fürchten.

Völlig unbegründet, sagt Klaus Bramer. Der sitzt zwar in einem Prototypen mit chinesischen Schriftzeichen an der Sonnenblende, dennoch ist sein Dienstherr BMW in München. Denn anders als Daimler bei Smart (Weltpremiere: Smart #1) haben sich die Bayern die Entwicklungshoheit auch über den China-Mini gesichert und sehen in den Kollegen aus Zhangjiagang eher so etwas wie in Magna aus Graz – einen Dienstleister, der nach strengen Vorgaben aus der Zentrale arbeitet und etwa beim BMW iX3 einen ziemlich guten Job gemacht hat. Deshalb sitzt jetzt auch kein Chinese am Steuer und prügelt den Prototypen irgendwo durch die Mongolei, sondern es ist eben ein BMW-Mann damit am Polarkreis unterwegs und impft dem Mini auf den Eisseen von Arjeplog die Go-Kart-Gene ein, die seit dem seligen Sir Alec Issigonis zur Marke gehören.

Ein Auto – zwei Plattformen

Während Bramer den Mini durch den Eiskanal jagt und über die aktornahe Radschlupfbegrenzung mit ihren schnellen Regel- und Zugriffszeiten, über die Vorzüge des Frontantriebs und über das sofortige Ansprechen der E-Motoren philosophiert und seine Hände dabei um das erfreuliche konventionelle Lenkrad fliegen lässt, erfährt man zwischen den Zeilen auch schon ziemlich viel über die nächste Mini-Generation, die in knapp anderthalb Jahren enthüllt und Ende 2023/Anfang 2024 eingeführt wird.

Zumindest über die elektrische Version, die diesmal nichts mit der konventionellen zu tun haben wird. Denn auch wenn Stromer und Benziner wie heute auch wieder ziemlich gleich aussehen werden, nutzen sie diesmal zwei völlig unterschiedliche, dezidierte Plattformen. Statt wie sonst immer unterschiedliche Hüte über ein und denselben Kopf zu stülpen, so wie es etwa der VW-Konzern bei seinen MEB-Modellen macht, dreht Mini den Spieß um und nutzt unterschiedliche Architekturen unter der gleichen Hülle.

Mehr Radstand, aber reduzierte Länge

Sonst gerne als Hut bezeichnet, ist diese Hülle bei Mini freilich eher Mütze – und dabei wieder etwas klassischer geschnitten: Zwar sind viele Details noch unter der Tarnfolie verborgen und die traditionellen Glubschaugen nur aufgeklebt. Doch nicht nur das schwebende Dach und die lustvollen Hüften wirken sattsam vertraut. Sondern auch die Proportionen passen wieder. Sogar besser als bisher.

Denn während der Radstand und die Spurweite für mehr Stabilität beim Fahren und weniger Nähe beim Kuscheln ein bisschen wachsen, schrumpfen die Überhänge und das Auto wird sogar wieder einen Hauch kürzer. Auch innen ist alles typisch Mini – sofern man es denn unter den dicken Tarnmatten schon erkennen kann. Kein Ahnung, was davon Vorserie ist und was Fake: Doch hinter dem Lenkrad steht wieder ein kleiner Tacho und über der Mittelkonsole schimmert hinter dem schwarzen Stoff wieder ein runder Zentralbildschirm groß wie ein Pfannkuchen.

Neue E-Mini kommt in zwei Varianten

Während die Plattform für die Verbrenner aus Oxford wieder von Mini kommt und deshalb Einser und Zweier ähnelt, stammt die Bodengruppe und mit ihr das Elektro-Paket für das Auto aus China: Nicht GEN5, wie bei BMW iX (Fahrbericht) oder BMW i4 (Fahrbericht), sondern LEMON lautet der Name des Baukastens, aus dem die Chinesen zum Beispiel auch den skurrilen Retro-Kleinwagen Ora Cat auf die IAA nach München gepuzzelt haben. Für den Mini haben sie daraus zwei Konfigurationen konstruiert: Im Cooper E wird es – ähnlich wie im aktuellen Elektro-Mini – einen 135-kW-Motor und einen 40-kWh-Akku für rund 300 Kilometer Reichweite geben und für den neuen Cooper SE stellen sie 165 kW, 50 kWh und 400 Kilometer in Aussicht. Dabei dürfte – zumindest wenn man den Ora Cat als Maßstab nimmt, mit bis zu 80 kW geladen werden.

Glaubt man den Worten des Fahrwerksingenieurs und dem eigenen Popometer auf dem Beifahrersitz, muss sich die Mini-Gemeinde also um den Fahrspaß bei der China-Connection keine Sorgen machen, so flott wie der Prototyp beim Schneewalzer übers Eis tanzt. Der Mini scheint ein echter Mini zu bleiben – China hin oder her.

Fotos: Mini/BMW

Mini Cooper E Mini Cooper SE
Reichweite : ca. 300 km ca. 400 km
Leistung: 135 kW 165 kW
Batterie: 40 kWh 50 kWh

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