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EAM 06/2024 - Dezember/Januar
Günstige Elektroautos für unter 30.000 Euro sind derzeit eine Seltenheit, womit ein Umstieg auf ein elektrisches Fahrzeug für viele Kunden unerschwinglich ist. Dem will Renault mit der Neuauflage des Ur-Twingos entgegnen. Der elektrische Kleinstwagen soll für weniger als 20.000 Euro angeboten werden. Doch es ist nicht das einzige Modell, das Renault und andere Hersteller vorbereiten, um die Elektromobilität in die Breite zu bringen.
Im Preisbereich unter 30.000 Euro können Elektroauto-Kunden aktuell nur aus drei Modellen wählen: Den preislichen Einstieg bildet der Dacia Spring Electric, der zwar für rund 23.000 Euro zu haben ist, jedoch hinsichtlich Komfort, Leistung, Platzangebot und Sicherheitsausstattung einige Kompromissbereitschaft erfordert.
Der zweite Kandidat, der Renault Twingo E-Tech Electric der aktuellen Generation, ist zumindest in Deutschland deutlich teurer. Hier werden mindestens 28.000 Euro für den Kleinstwagen fällig, den es nicht einmal optional mit einer Schnelllademöglichkeit gibt. In Österreich liegt der Basislistenpreis mit unter 26.000 Euro noch auf einem vertretbareren Niveau. Bei Fiat wiederum ist der 500 Elektro mit der kleinen 23,8-kWh-Batterie für knapp unter 30.000 Euro zu haben, dafür immerhin mit serienmäßigem CCS-Schnellladeanschluss.
Alle drei Fahrzeuge sind dem Kleinstwagensegment zugeordnet und werden ab kommendem Jahr reichlich Konkurrenz bekommen, die mit mehr Reichweite, besseren Ladeleistungen und mehr Platz Kunden locken werden.
Die Renault-Gruppe wird künftig ihre Elektroautobestrebungen unter dem neu gegründeten Gesellschaft Ampere bündeln. Am 15.11.2023 wurde das neue Unternehmen und deren Ausrichtung erstmals im Detail der Öffentlichkeit vorgestellt. In diesem Rahmen wurde auch weitere Infos zum kommenden Renault 5 bekannt.
Der Kleinwagen basiert auf der reinelektrischen AmpR-Small-Plattform (vormals CMF-B EV). Der neue Renault 5 (möglicherweise mit dem Zusatz E-Tech Electric) soll schon im ersten Quartal 2024 auf den Markt kommen und ab rund 25.000 Euro bestellt werden können. Der Hersteller verspricht bis zu 400 Kilometer Reichweite, wobei man für den genannten Einstiegspreis aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer geringeren Normreichweite wird rechnen müssen.
Wir schätzen, dass die Basisversion mit einem Akku mit maximal 40 kWh ausgerüstet sein wird, womit 300 Kilometer gemäß WLTP möglich sein müssten. Für die 400 Kilometer werden etwa 50 bis 55 kWh notwendig sein. Diese Variante könnte immerhin für weniger als 30.000 Euro in der Liste stehen. Details dazu werden wir in Kürze erfahren, wenn der Renault 5 final vorgestellt wird. Die Fotos zeigen noch das Konzeptfahrzeug, das 2021 erstmals präsentiert wurde. Das Serienmodell wird sich äußerlich stark an der Studie orientieren.
Der Renault 5 wird die Zoe beerben, deren Produktionsstopp parallel zum Marktstart des neuen 5ers erfolgen wird. In ihren Grundzügen ist die Zoe bereits seit elf Jahren auf dem Markt. 2019 erfolgte zwar ein umfassendes Facelift, doch bei Fahrassistenten, Schnellladeleistung und Konnektivität hinkt sie dem Wettbewerb deutlich hinterher. Derzeit kann man nur noch die Zoe EV50 ab rund 37.000 Euro bestellen, die immerhin 395 Normkilometer schafft. Doch mit dem Renault 5 wird man diese Reichweite in einem komplett neuen, modernen Auto voraussichtlich für viele Tausender weniger erhalten können. Das gleiche gilt für den aktuellen Renault Twingo. Dass dieser voraussichtlich ebenfalls Anfang 2024 eingestellt wird, ist daher naheliegend.
Auf der Basis des Renault 5 wird Renault ein Jahr später einen SUV-Ableger präsentieren, der ebenfalls optischen Anleihen bei einem Renault-Klassiker, dem Renault R4, nimmt. Der Renault 4 wird offenbar etwas teurer als der 5er, könnte aber ebenfalls unter der 30.000-Euro-Schwelle bleiben. Damit würde er vor allem dem Jeep Avenger und dem baugleichen Fiat 600e Paroli bieten. Die beiden Kleinwagen-SUVs von Stellantis stehen aktuell für rund 37.000 Euro in der Preisliste, leisten 115 kW und schaffen mit seinem 54-kWh-Akku immerhin rund 400 Kilometer nach WLTP.
Ähnliche Leistungswerte erwarten wir auch für den Renault 4 mit dem größeren Akku, der womöglich etwa 35.000 Euro kosten könnte. Das Basismodell dürfte eine Batterie mit maximal 40 kWh erhalten, womit etwa 280 Normkilometer vorstellbar sind.
Doch Renault belässt es nicht dabei und will 2026 einen komplett neuen Twingo ins Rennen schicken, bei dem sich die Designer offenbar am kultigen Ur-Modell der 90er Jahre orientiert haben. Der Kleinstwagen soll für weniger als 20.000 Euro zu haben sein – das ist eine Ansage.
Um den Preis einhalten zu können, könnte in der Basisvariante ein LFP-Akku mit etwa 25 bis 30 kWh Kapazität zum Einsatz kommen. Der Hersteller betont, dass das Fahrzeug lediglich 10 kWh/100 km verbrauchen soll, lässt dabei aber offen, ob dieser Wert nach WLTP-Norm kalkuliert wurde und ob darin auch schon die Ladeverluste beinhaltet sind (wie es bei den WLTP-Normverbrauchsangaben stets der Fall ist). Wahrscheinlich ist, dass es sich um den Fahrverbrauch ohne Ladeverluste handelt. Damit könnte der Stromer etwa 250 Kilometer weit fahren können.
Mit dem Start des Renault 5 ist es logisch, dass der Dacia Spring dringend ein Update bekommen muss, das für die Jahresmitte 2024 erwartet wird. Dacia gehört zum Renault-Konzern, weshalb man sich auf die geänderten Marktbedingungen wird vorbereitet haben. Da die simple technische Basis keine großen Sprünge bei (Lade-)Leistung, Batterie und Fahrassistenten erwarten lässt, kann der Spring eigentlich nur günstiger werden, um somit die Zeit bis zum Debüt des neuen Twingos zu überbrücken. Eventuell rutscht er damit unter die 20.000-Euro-Marke, schließlich sinkt ab nächsten Jahr auch die Förderprämie um über 2.000 Euro.
Doch Renault ist nicht der einzige Hersteller, der Druck im Segment der „bezahlbaren“ E-Fahrzeuge macht. Erst kürzlich hat Citroën den ë-C3 präsentiert. Der Kleinwagen bietet 320 Kilometer Reichweite und kann ebenfalls ab Anfang 2024 bestellt werden – zum Kampfpreis ab 23.300 Euro. 2025 will Citroën eine noch günstigere Variante nachschieben, die nur 19.990 Euro kosten soll und immerhin rund 200 Kilometer Reichweite bietet.
Auf dessen Plattform wird zur Jahresmitte 2024 der Fiat E-Panda erwartet, der sich diesem Preissegment anschließen wird, um unterhalb des knuffigen, aber teuren Fiat 500 Elektro den Markt zu bedienen. Auch Opel wird voraussichtlich diese Plattform nutzen, um ein Fahrzeug im 25.000-Euro-Segment zu platzieren. Denkbar ist ein elektrischer Nachfolger des Opel Adam, der jedoch erst 2025 oder 2026 debütieren könnte.
Auch die Koreaner schlafen nicht. Auf dem koreanischen Heimatmarkt bietet Hyundai den günstigen Kleinstwagen Casper an, der dort jedoch nur als Verbrenner zu haben ist. In Deutschland wurden allerdings schon elektrische Erlkönige abgelichtet, die mit einem CCS-Anschluss an der Fahrzeugfront ausgerüstet sind. Der Casper Elektro könnte noch dieses Jahr (möglicherweise mit einer neuen Modellbezeichnung) für Europa vorgestellt werden. Ein Marktstart ist allerdings erst 2025 zu erwarten. Der Hyundai dürfte bei rund 20.000 Euro eingepreist werden.
Der Leapmotor T03 soll in Frankreich schon für 22.000 Euro zu haben sein. Dass dieses Modell auch in weitere Länder der EU exportiert wird, ist sehr wahrscheinlich. Der Kleinstwagen verfügt über einen 80 kW starken Frontmotor, eine DC-Schnellladung und soll mit der 41,3-kWh-Batterie immerhin 280 Kilometer weit kommen. Bei einer ersten Sitzprobe auf der IAA Mobility 2023 überzeugte der T03 mit einer soliden Qualität, guter Ausstattung und ausreichendem Platzangebot.
Wenn es der Branchenriese BYD ernst meint mit seinen Expansionsplänen, dann wäre es nur folgerichtig, wenn der in China bereits erhältliche BYD Seagull nach Europa exportiert wird. In China kostet das kleine E-Fahrzeug nur rund 10.000 Euro. Mit Zöllen, hiesiger Mehrwertsteuer, europäisierter Ausstattung und einem für Europa typischen Preisgefüge könnte BYD das Modell schon für deutlich unter 20.000 Euro in den Ring werfen.
Auf dem Heimatmarkt stehen Akkus mit 30 bis 39 kWh zur Wahl, der E-Motor leistet 55 kW. Nach chinesischer Norm CLTC schafft der Seagull damit etwa 300 bis 400 Kilometer, nach WLTP werden daraus wohl schätzungsweise 240 bis 320 Kilometer – brauchbare Werte für ein Fahrzeug dieser Klasse. Wenn es schnell geht, wird der Seagull für Europa noch 2024 vorgestellt und könnte zum Jahresende 2024 bestellbar sein.
Es ist noch nicht so lange her, da gab es bereits ein halbwegs brauchbares Angebot von bezahlbaren E-Autos, vor allem bedingt durch die großzügigen Förderbedingungen von fast 10.000 Euro in Deutschland. Doch die Zeiten der Subventionen gehen langsam zu Ende und viele Modelle wurden inzwischen vom Markt genommen.
Jetzt muss die Industrie nachlegen und auch ohne Förderungen günstige Fahrzeuge anbieten. Und das scheint zu gelingen. In den kommende drei Jahren erwarten wir einen spürbaren Zuwachs von preiswerten Elektroautos. Der ist auch notwendig, um die Elektromobilität in die Breite zu bringen.
Fotos: Hersteller
Quelle(n): Pressemitteilung von Renault vom 15.11.2023
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