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EAM 06/2024 - Dezember/Januar
Nun wird auch der G elektrisch: Nach zahlreichen Studien und „seriennahen“ Prototypen wird jetzt auch die G-Klasse, das Offroad-Urgestein von Mercedes, zum vollelektrischen Stromer – mit Vierradantrieb über vier E-Motoren.
Für viele gilt die G-Klasse als der Dinosaurier unter den SUV und Geländewagen. Doch nur, weil die G-Klasse noch immer fast genauso so aussieht wie beim Debüt vor 45 Jahren und mittlerweile über 500.000 Exemplaren, macht die Mutter Mercedes nicht halt vor neuen Entwicklungen und hält die G-Klasse kontinuierlich auf Stand. Das bedeutet auch: die G-Klasse wird elektrisch.
Als „G 580 mit EQ Technologie“, so der offizielle und äußerst umständliche Name, setzt sich die G-Klasse selbst über die Nomenklatur von EQE und EQS hinweg. So will der Methusalem im Mercedes-Programm vom Herbst zu Preisen ab 142.622 Euro an beweisen, dass auch Saurier mit dem Strom gehen können und nicht zum Aussterben verdammt sind. Als „Edition One“ geht es bei 192.524 Euro los.
Und egal ob Batterie oder Benzintank – eine G-Klasse wäre keine G-Klasse, wenn die Kunden dabei Kompromisse machen müssten, erhöht Baureihenchef Emmerich Schiller die Spannung und verspricht: Auch mit Akku-Antrieb wird der Geländewagen genauso gut fahren wie mit einem Achtzylinder. „Oder vielleicht sogar besser.“
Dafür hat sich Schiller einmal mehr über die Familienplanung aus Stuttgart hinweggesetzt. Ja, das kürzlich für alle Modellvarianten vorgestellte Interieur mit den großen, integrierten Bildschirmen und dem neuesten Stand von MBUX riecht nach Großserie. Die Batterien mit stattlichen 116 kWh stammen wiederum aus dem EQS – selbst wenn sie hier wegen kurzen Radstandes halbiert und im Doppelpack installiert wurden wie bei einem Sandwich.
Doch anders als die übrigen EQ-Modelle nutzt der elektrische G nicht einfach ein bestehende Skateboard-Plattform, sondern bekommt eine maßgeschneiderte Elektroarchitektur, die im unverzichtbaren Leiterrahmen integriert ist. Weil eine G-Klasse ohne Sperren keine G-Klasse ist, haben die Ingenieure dieses Konzept in die E-Zeit übertragen und jedem Rad einen eigenen, individuell zu steuernden Elektromotor spendiert und dafür – eine weitere Unumgänglichkeit beim G – eine neue Starrachse ins Heck geschraubt.
Und weil sich E-Motoren bei niedrigen Drehzahlen nicht so richtig wohlfühlen, hat Schillers Truppe ein spezielles Untersetzungsgetriebe mit einem weiteren Gang für niedrige Geschwindigkeiten eingebaut. So drehen die Motoren im Kriechgang höher, erhitzen sich langsamer und können zudem mehr Rekuperieren. Kein Wunder also, dass sich die Berg- und Tal-Fahrt kaum auf die Reichweite auswirkt und nach Stunden im Schmutz noch keine 20 Prozentpunkte des Akkustands fehlen.
Auf 460 Kilometer Normreichweite kommt der G damit, verspricht Chefingenieur Fabian Schossau und hat dafür sogar – Sakrileg! – ein wenig am Design gefeilt. Allerdings dankenswerterweise so, dass man es fast nicht sieht. Denn vom effektheischenden LED-Grill einmal abgesehen, den man Gottseidank auch abbestellen kann, hat er nur ein wenig die Motorhaube angestellt als hätte AMG die Finger in Spiel gehabt und ein paar Schlitze in die Radläufe geschnitten, durch die sich die Luft ein wenig effizienter um die 22-Zöller legt. Das bringt im Windkanal ein paar Punkte an der zweiten Stelle hinter dem Komma. Aber keine Sorge: Neben Autos wie dem EQS SUV mit einer ganz ähnlichen Normreichweite sieht die G-Klasse noch immer aus ein frischer Block Kernseife neben einem abgegriffenen Stück Hotelkosmetik.
Wenn man erlebt, mit welcher Urgewalt sich die gut und gerne drei Tonnen Stahl und Lithium-Ionen beim Kickdown dem Horizont entgegenschleudern, dann sollte AMG-Kunden angst und bange werden. Nicht umsonst summieren sich die Eckdaten der vier Motoren auf knapp 430 kW und auf beinahe 1.200 Newtonmeter Drehmoment. Ganz ohne Spektakel stiehlt der EQG dem G63 deshalb die Schau, sprintet in deutlich unter fünf Sekunden auf Tempo 100 und hält beim Kickdown immerhin bis 180 Sachen mit. Und wer zumindest ein eigenes Wort noch verstehen will, fährt in einer G-Klasse ohnehin nicht schneller.
Aber Zahlen vermögen ohnehin kaum auszudrücken, was man mit dem elektrischen G erleben kann. Erst recht nicht im Gelände. Die geometrischen Offroad-Eigenschaften sind dabei nicht schlechter als bei jeder anderen Variante, verspricht G-Klasse-Chef Schiller. Schließlich ist das G im Typenkürzel den Entwicklern eine heilige Verpflichtung. Deshalb hat die elektrische G-Klasse ähnliche Böschungs- und Rampenwinkel und kann sogar 15 Zentimeter tiefer waten, weil jetzt erst bei 850 Millimeter Wasserstand feuchte Füße zu befürchten sind.
Und als Schiller beim Kiesgruben-Ballett mit aller Wucht auf einen riesigen Stein stürzt, verzieht der Chef keine Miene – obwohl die Batterien im Bauch stoßempfindlich sind und solche Aktionen bei den allermeisten anderen E-Autos buchstäblich brandgefährlich. Doch trägt die G-Klasse wie eine Schildkröte einen Panzer am Bauch, der aus bald 26 Millimeter dickem Material mit Carbonanteil gebacken wird.
Es gibt sogar eine Disziplin, in der die elektrische G-Klasse der normalen überlegen ist: Weil der Akku den Schwerpunkt senkt, kann sich der elektrifizierte Saurier noch zehn Grad weiter zur Seite lehnen, sagt Schiller, steuert längs über eine Rampe und geht auf Kuschelkurs. Bei bald 40 Grad garantieren jetzt nur noch die straffen Gurte eine sittliche Distanz und verhindern, dass der Sozius dem Fahrer auf den Schoss rutscht.
Noch mehr Action verspricht der „G-Turn“, der den G 580 zum Karussell für ganz große Kinder verwandelt: Ohne Lenkeinschlag und nur mit der Kraft der gegenläufig drehenden Reifen macht die G-Klasse eine Panzerkehre und kreiselt auf der Stelle, während draußen der Schotter spritzt und eine Staubwolke aufsteigt. Im Alltag völlig sinnlos, aber spektakulär.
Im Gelände besser als je zuvor und dabei noch leichter zu handhaben, politisch, nun ja, nicht mehr ganz so inkorrekt, und mit Funktionen wie den G-Turn der absolute Showstar auf dem Kiez und in der Kiesgrube: Zwar wird die G-Klasse als EQG so zum ultimativen E-SUV und hat das Zeug für die nächsten 500.000 Exemplare. Doch ist sie deshalb nicht notgedrungen nur ein weiteres Elektroauto. Stattdessen hat Schillers Team Wert darauf gelegt, dass der EQG eben kein Stromer mit erweiterten Geländeeigenschaften – wie ein EQE oder ein EQC – sondern eine G-Klasse mit E-Antrieb ist. Das Urgestein bleibt sich und seinem Charakter treu.
Fotos: Mercedes-Benz
Quelle(n): Mercedes-Benz Pressemitteilung vom 24.04.2024
Update der technischen Daten und der Preise.
Technische Daten | Mercedes-Benz G 580 mit EQ Technologie |
---|---|
Fahrzeugklasse: | Oberklasse-Geländewagen |
Sitze/Türen: | 5/5 |
ANTRIEB | |
Antriebsart: | Allradantrieb |
Bauart: | je eine PSM je Rad |
Getriebe: | 2-Gang-Getriebe |
Leistung: | 432 kW |
Drehmoment: | 1.164 Nm |
BATTERIE & LADESTANDARD | |
Energieinhalt (brutto/netto): | —/116 kWh |
Spannungsklasse: | 400 V |
Wärmemanagement: | Flüssigkeitskühlung |
Ladestandard AC: | Typ 2 11 kW 3p |
Ladestandard DC: | CCS 200 kW |
Ladezeit AC 11-kW-Ladestation: | 11 h 46 min (10–100 %) |
Ladezeit DC 350-kW-Ladestation: | 32 min (10–80 %) |
FAHRLEISTUNGEN | |
Höchstgeschwindigkeit: | 180 km/h |
Beschleunigung (0–100 km/h): | 4,7 s |
REICHWEITE & VERBRAUCH | |
Reichweite (WLTP): | 434–473 km |
Verbrauch (WLTP): | 30,3–27,7 kWh/100 km |
ABMESSUNGEN & GEWICHT | |
Länge x Breite (exkl. Spiegel) x Höhe: | 4,624 m x 1,931 m x 1,986 m |
Breite (inkl. Spiegel): | N/A |
Radstand: | 2,890 m |
Wendekreis: | 13,6 m |
Gepäckraum: | 555–1.990 l |
Frunk: | — |
Leergewicht: | 3.085 kg |
Anhängelast (gebremst/ungebremst: | — |
cW-Wert: | 0,44 |
cW x A: | N/A |
PREIS & VERFÜGBARKEIT | |
Verfügbarkeit: | Markstart Mitte 2024 |
Deutschland: | ab 142.622 Euro |
Österreich: | N/A |
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