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EAM 05/2024 - Oktober/November
Der Polestar 2 ist kräftig gestartet: Allradantrieb, 300 kW und 660 Newtonmeter machen die Fließhecklimousine zum Performance-Stromer. Doch inzwischen gibt es den 2er auch als „Standard Range Single Motor“ mit Frontantrieb, weniger Leistung und kleinerer Batterie – zu einem über 5.000 Euro günstigerem Basispreis. Sparmodell oder guter Deal? Das fanden wir bei einer ersten Testfahrt heraus.
Ja, die Testbedingungen hätten besser sein können an diesem frühen Novembertag: das Thermometer zeigt kühle acht Grad, der Himmel ist wolkenverhangen, Nebel und fieser Nieselregen wechseln sich ab. Auf der andere Seite handelt es sich bei unserem Testfahrzeug um ein in Schweden entwickeltes Auto, kalte Temperaturen sollten daher kein Problem für den Polestar 2 Standard Range Single Motor sein.
Doch bevor wir uns dem Fahrbericht widmen, schlüsseln wir zunächst einmal die sperrige Modellbezeichnung auf, die sich mit Sicherheit nicht ganz zufällig an der bei Tesla etablierten Namensgebung orientiert.
Polestar bietet den 2er inzwischen mit zwei verschiedenen Batteriepaketen an. Die Topmodelle mit dem Namenszusatz „Long Range“ verfügen über das bekannte 78-kWh-Akkupack. Hier werden Pouchzellen von LG Chem verbaut, die nutzbare Kapazität liegt bei 75 kWh. Neu ist die 64-kWh-Batterie mit prismatischen Zellen von CATL, die den 2er zum „Standard Range“ macht. Der nutzbare Energieinhalt liegt hier bei 61 kWh und damit etwa auf dem Niveau eines Tesla Model 3, eines VW ID.3 Pro (Fahrbericht) oder eben eines Hyundai Ioniq 5 (Fahrbericht) bzw. Kia EV6 (Fahrbericht) mit der kleineren der beiden verfügbaren Batterien.
Polestar 2 SM SR | VW ID.3 Pro Perf. | Tesla Model 3 | Kia EV6 RWD | |
---|---|---|---|---|
Batterie (brutto/netto): | 64 kWh/61 kWh | 62 kWh/58,3 kWh | —/60 kWh | 58 kWh/— |
Reichweite (WLTP): | 446 km | 425 km | 491 km | 394 km |
Leistung: | 165 kW | 150 kW | 239 kW | 125 kW |
Drehmoment: | 330 Nm | 310 Nm | 420 Nm | 350 Nm |
Beschleunigung (0-100 km/h): | 7,4 s | 7,3 s | 6,1 s | 8,5 s |
max. Ladeleistung: | CCS 116 kW | CCS 120 kW | CCS 170 kW | CCS 180 kW |
Preis DE: | 45.500 € | 36.960 € | 46.560 € | 44.900 € |
Preis AT: | N/A | 41.860 € | 49.390 € | 43.990 € |
Die Bezeichnung „Single Motor“ ist wiederum selbsterklärend. Statt derer zwei ist in diesem Fahrzeug nur eine permanenterregte Synchronmaschine (PSM) verbaut, und zwar an der Vorderachse. Ja, ein Heckantrieb wäre schön (und wohl auch technisch möglich) gewesen, doch war diese Lösung schneller und günstiger umsetzbar.
Nominell reduziert sich so die Leistung um 135 auf „nur noch“ 165 kW. Das Drehmoment halbiert sich auf 330 Newtonmeter und bei der Beschleunigung auf 100 km/h lassen sich die Single-Motor-Varianten gute drei Sekunden mehr Zeit.
Doch tatsächlich lesen sich die Unterschiede dramatischer, als sie in der Praxis zur Geltung kommen. Selbst in der Basisversion ist der Polestar 2 souverän motorisiert und egal ob Zwischensprint oder zügiger Ampelstart – der Wunsch nach mehr Leistung kommt selten bis nie auf. Dafür sorgt bereits der dichte Verkehr, auf den wir rund um Köln an diesem Tag treffen. Dabei sollte die Rushhour doch längst vorbei sein. Die im Vergleich zum Allradler um 45 km/h verringerte Höchstgeschwindigkeit fällt daher ebenfalls kaum ins Gewicht, muss man doch dazu erst einmal ein freigegebenes und leeres Stück Autobahn finden. Und wenn man es gefunden hat, lässt man es am Ende doch bei 150 Sachen gut sein – der Reichweite zuliebe.
Dabei profitiert bereits das Basisfahrzeug von der tollen Schalldämmung sowie der gelungenen Lenkungs- und Fahrwerksabstimmung. Dank der kleinen 19-Zoll-Räder ist der Abrollkomfort deutlich besser als bei den bisher gefahrenen 2ern und dennoch bereitet auch das Kurvenfahren viel Freude.
Und der Frontantrieb? Der macht seine Sache erstaunlich gut. Trotz nasser und teils mit Laub und Matsch bedeckter Straßen regelt der Frontmotor nur selten die Leistung runter und das typische Zerren in der Lenkung fällt nur dezent auf und ist auch nur beim Kickdown zu spüren. Bravo, Polestar, das bekommen andere Marken nicht so gut hin.
Ebenfalls tadellos implementiert wurde das One-Pedal-Driving, das dank einer gelungenen Überblendung zwischen Rekuperation und Reibbremse stets mit der gleichen, reproduzierbaren Intensität verzögert, unabhängig von Temperatur und Ladestand der Batterie.
Natürlich ist auch beim derzeit günstigsten Polestar das Infotainment auf Basis von Android Automotive OS am Start und so langsam bietet der Google-Play-Store eine ansehnliche Auswahl an Apps. Seit einiger Zeit gibt es beispielsweise die ABRP-App (A Better Routeplanner), mit der man auf Langstrecken die ideale Reiseroute inklusive Ladestopps berechnen lassen kann.
Spricht dann überhaupt etwas gegen den Standard Range? Ja, und zwar die Reichweite und die Ladeleistung. Da auch der Single-Motor-Polestar kein Kostverächter ist, schafft man bestenfalls im Sommer und bei ruhiger Fahrweise mehr als 300 Kilometer. Bei der über 220 Kilometer langen Testfahrt bei herbstlichem Wetter über Autobahnen und Landstraßen bei abwechselnd gemäßigter bis sportlicher Fahrweise zog sich der 2er im Schnitt 21,2 kWh/100 km aus dem Akku. Macht gut 285 Kilometer Reichweite. Wie schnell sich die Batterie anschließend wieder laden lässt, konnten wir bei der Ausfahrt nicht überprüfen. Polestar verspricht aber bis zu 116 kW Ladeleistung an einer ausreichend starken DC-Ladestation und eine Ladezeit von 40 Minuten von 0 auf 80 Prozent.
Wer regelmäßig auf längere Touren geht, sollte sich daher den größeren Akku gönnen, der dann auch mit bis zu 155 kW geladen werden kann. Alle anderen können aber durchaus den Standard Range in Erwägung ziehen und sich über eine ansonsten rundum gelungene Premiumlimousine freuen.
Wer nicht regelmäßig auf die höhere Reichweite und Ladeleistung der Long-Range-Varianten angewiesen ist, macht mit dem Standard-Range nichts verkehrt. Das Auto ist bereits gut ausgestattet, das Pilot-Pack (3.000 Euro) sollte man sich aber noch gönnen, da sonst viele wichtige Assistenzsysteme fehlen. Die Wärmepumpe und Lenkradheizung ist neben weiteren Extras Bestandteil des Plus-Pakets, das jedoch mit 4.500 Euro zu Buche schlägt. Ein hoher Aufpreis für nur wenige wirklich wichtige Extras, weshalb dieses Paket eher nice-to-have ist. Da bereits die 19-Zoll-Räder dem Polestar gut stehen, kann man sich auch hier das Upgrade sparen.
Der Polestar 2 Single Motor Standard Range wird ab sofort mit einer größeren 69-kWh-Batterie ausgeliefert. Die Reichweite steigt um etwa 30 Kilometer. Der Frontmotor leistet nun 170 kW, analog zur Variante Long Range Single Motor. Der Basispreis beträgt in Deutschland nun mindestens 46.495 Euro vor Abzug des Umweltbonus.
In der Elektroautomobil-Ausgabe 02/2021 testeten wir ausführlich den Polestar 2 Long Range Dual Motor – das Topmodell der Baureihe – inklusive Verbrauchsmessungen und Ladekurve bei ebenfalls kühlen Temperaturen.
Technische Daten | |
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Fahrzeugbezeichnung: | Polestar 2 Single Motor Standard Range |
Fahrzeugbeschreibung: | fünftürige, fünfsitzige Mittelklasse-Limousine |
ANTRIEB | |
Bauart: | permanenterregte Synchronmaschine, Vorderradantrieb |
Leistung: | 165 kW |
Drehmoment: | 330 Nm |
REKUPERATION | |
maximale Reku-Leistung: | 100 kW |
One-Pedal-Driving: | ja |
Reku-Modi: | 2 |
BATTERIE & LADESTANDARD | |
Energieinhalt (brutto/netto): | 64 kWh/61 kWh |
Batteriegarantie: | 8 Jahre oder 160.000 km |
Garantierte Batteriekapazität: | SOH: > 70 % |
Wärmemanagement: | Flüssig-Thermalmanagement |
Ladestandard AC: | Typ 2 11 kW 3p |
Ladestandard DC: | CCS 116 kW |
Ladezeit AC 11-kW-Ladestation 0-100 %: | 7 h 20 min |
Ladezeit DC 350-kW-Ladestation 0-80 %: | 40 min |
FAHRLEISTUNGEN | |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h): | 7,4 s |
REICHWEITE & VERBRAUCH | |
WLTP: | bis 446 km |
Reichweite mit Testverbrauch: | 289 km |
Verbrauch (WLTP): | 18,9-16,3 kWh/100 km |
Testverbrauch: | 21,1 kWh/100 km |
ABMESSUNGEN & GEWICHT | |
Länge x Breite (ohne Spiegel) x Höhe: | 4,606 m x 1,800 m x 1,479 m |
Breite (mit Spiegel): | 1,985 m |
Radstand: | 2,735 m |
Wendekreis: | 11,5 m |
Gepäckraum: | 405-1.095 l |
Frunk: | 35 l |
Leergewicht: | 1.940 kg |
Zuladung: | N/A |
Anhängelast (gebremst/ungebremst): | 1.500 kg/750 kg |
cW-Wert: | 0,278 |
cW x A: | N/A |
PREIS | |
Deutschland: | ab 45.500 € |
Österreich: | N/A |
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EAM 05/2024 - Oktober/November
Ich habe den Single Motor getestet. Die Fertigungsqualität ist sehr gut, die Lenkung leichtgängig, Motor, Bremsen, Strassenhaltung tadellos. Leider ist die Federung sehr hart: grösster Negativpunkt für mich; man merkt es vor allem auf welligen Nebenstrassen extrem gut. Die Armaturen sind relativ simpel gehalten, es gibt nur Balkengrafik für Verbrauch und Rekuperation, für mehr Details zum Verbrauch muss der zentrale Bildschirm benutzt werden, dann verschwinden aber die Navigationsinfos – könnte man besser machen. Das Platzangebot ist sehr gut, auch hinten. Mein Oekoverbrauch lag gemäss Bordcomputer bei 19 kWh/100 km. Das Drehmoment (Überholen auf Landstrassen) ist sehr gut, man würde fast sagen „rassig“.