Ford Mustang Mach-E GT im Fahrbericht

10.06.2022 von Marcus Zacher

Mehr Temperament für den Mach-E

So sehr sich Ford auch bemüht, Parallelen zwischen dem Mustang Mach-E und dem Mustang-Sportwagen herzustellen, bleibt der Mach-E dennoch das, was es ist: ein sportliches SUV. Doch ändert sich das, wenn man zum Topmodell greift? Dieser Frage gingen wir bei einer ersten Ausfahrt im Ford Mustang Mach-E GT nach.

Der Mustang Mach-E GT setzt auf der Allradvariante mit der großen Extended-Range-Batterie auf, die ab 69.700 Euro in der Preisliste steht und mit 258 kW und 580 Nm ebenfalls nicht untermotorisiert ist, wie wir bei unserem Fahrbericht feststellen konnten. Hier legt Ford noch einmal eine Schippe drauf und lässt den Allradantrieb auf satte 358 kW und imposante 860 Nm Drehmoment erstarken.

Das deutlichste Unterscheidungsmerkmal zum Normalo-Mustang ist der schwarz abgesetzte Frontgrill, der selbstverständlich auch beim Mach-E GT vollständig geschlossen ist. Das knallige „Cyber Orange“ des Testwagens gibt es dagegen auch für jeden anderen Mustang. Die Frontschürze des GT ist ebenfalls sportlicher ausgeformt und natürlich weisen die beiden Lettern am Heck ebenfalls auf das mindestens 77.200 Euro teure Topmodell hin, das dafür immer mit Rundum-sorglos-Ausstattung ausgeliefert wird.

Wann kommt das Leistungsupgrade für das Display?

Im Cockpit darf man sich über (etwas zu hoch montierte) Sportsitze und ein neues Sport-Volant freuen, der schmale Monitor dahinter sowie das riesige Tablett in der Mitte des Armaturenbretts kommen uns dagegen bekannt vor. Der Touchscreen könnte jedoch noch eher ein Leistungsupgrade vertragen, als der Antrieb. So richtig schnell und flüssig lässt er sich nämlich weiterhin nicht bedienen, was nicht so recht zum modernen Auftreten passen will. Die Sportsitze geben ausreichend Seitenhalt, wobei die Oberschenkelwangen doch sehr amerikanisch-weich gepolstert sind. Ein bisschen mehr Schraubstockfeeling würde hier nicht schaden.

Die praktischen Tugenden behält der Mustang Mach-E allerdings auch als GT: Das Platzangebot ist auch in der zweiten Reihe üppig, der Kofferraum mit rund 400 Litern eher durchschnittlich, doch wird dieser um den großzügigen 100-Liter-Frunk erweitert, womit sich in Summe ausreichend Stauraum finden lässt. Eine Anhängerkupplung gibt es ebenfalls, auch wenn das GT-Modell nicht von der kürzlich auf 1.000 Kilogramm erhöhten Anhängelast für die Extended-Range-Modelle profitiert und sich weiterhin mit 750 Kilogramm begnügen muss.

Der 860-Newtonmeter-Hammer

Doch wer den Mustang Mach-E GT als Speditionsfahrzeug kaufen will, ist hier sowieso an der falschen Adresse. Stattdessen versuchen wir einmal auszuloten, ob der GT dem Mustang-Image gerecht werden kann.

Auf der Gerade kann diese Frage schnell bejaht werden. Die 860 Newtonmeter haben leichtes Spiel mit dem 2,3 Tonnen schweren Koloss und schieben diesen jederzeit souverän an. Für den Alltag ist die Kraftentfaltung fast schon zu wuchtig, weshalb sich der Strom-Mustang im Fahrmodus „Zahm“ deutlich entspannter durch Ortsdurchfahrten und den Stop-and-Go-Verkehr manövrieren lässt.

Auf der Landstraße wechseln wir in den „Temperamentvoll“-Fahrmodus, das adaptive Fahrwerk strafft sich und zum Spaß haben wir noch den künstlichen Motorsound aktiviert, der das Kurvenrodeo dezent untermalt. Außerdem wird jetzt mehr Drehmoment an die Hinterachse geleitet, der Mustang wird fast zum Hecktriebler. So locker flockig wie ein Sportwagen lässt sich der Mach-E GT zwar nicht um die Ecken dirigieren, doch lässt das elektrische Wildpferd trotzdem ein paar kleine Heckschwenks zu. Das macht Spaß und hebt den Mach-E von manch anderem, konservativer abgestimmten SUV ab, doch hat Ford diese Abstimmung auch den weniger kraftmeiernden Mustangs verpasst. Denen hat der GT allerdings den „Temperamentvoll Plus“-Fahrmodus voraus, der ein noch sportlicheres Fahrverhalten verspricht, allerdings nur auf abgesperrten Strecken verwendet werden darf.

Enttäuscht waren wir von den 19 Zoll großen Brembo-Bremsen, die der GT exklusiv erhält. Immerhin muss man diese dank des kräftigen One-Pedal-Drivings nicht allzu häufig betätigen, denn aufgrund des schwammigen Druckpunkts des Bremspedals lässt sich das Ansprechverhalten der Bremse schlecht dosieren. Der Pedalweg der Bremse ist für ein sportliches Fahrzeug einfach zu lang, das haben andere Performance-Stromer besser im Griff.

Ford Mustang Mach-E GT Tesla Model Y Perf. Genesis GV60 Sport Plus
Batterie (brutto/netto): 98,7 kWh/91 kWh 82 kWh/79 kWh 77,4 kWh/—
Reichweite (WLTP): 500 km 514 km 466 km
Leistung: 358 kW 393 kW 360 kW
Drehmoment: 860 Nm 660 Nm 700 Nm
Beschleunigung (0-100 km/h): 4,4 s 3,7 s 4,0 s
Höchstgeschw.: 200 km/h 241 km/h 235 km/h
max. Ladeleistung: 150 kW 250 kW 240 kW
Preis DE: 77.200 € 66.965 € 71.010 €
Preis AT: 81.900 € 65.890 € N/A

Hoher Performance-Aufpreis

Wo wir auch schon beim Thema wären: Obwohl die Null-Hundert-Beschleunigung mit 4,4 Sekunden über jeden Zweifel erhaben ist und auch die Höchstgeschwindigkeit mit 200 km/h die Bleifuß-Fraktion zufriedenstellen wird, reißen diese Werte in der Elektrowelt heute auch niemanden mehr vom Hocker. Zu schnell hat man sich in dieser Leistungsklasse an das jederzeit verfügbare Drehmoment und die wuchtige Beschleunigung gewöhnt: Eine hohe Performance ist inzwischen Alltag, auch bei den weniger potent motorisierten Modellen. Und wenn wir einen Blick auf den zweiten Ami-Stromer dieser Fahrzeug- und Leistungsklasse werfen, dem Tesla Model Y Performance, wird schnell klar, dass Ford mit seinen über 77.000 Euro einen äußerst selbstbewussten Preis für den Mach-E GT fordert. Der Tesla ist satte 12.000 Euro günstiger – und das bei besseren Fahrwerten.

So lautet das Fazit – wie schon bei vielen anderen E-Modellen: Im Grunde tut’s auch der schwächere Antrieb. Wer den Mustang auf der Langstrecke bewegen will, wählt den Extended Range mit Hinterradantrieb (Test in EAM 01/2022), wer mehr Traktion benötigt, greift zum Allradler. Der GT bleibt für die Enthusiasten, mit Spaß an der Leistung. Sie sollten nur bedenken, dass der Mach-E auch als GT kein Sportwagen ist. Doch dafür ist und bleibt er eines der temperamentvollsten SUVs, was er im Topmodell mit Lust und Laune zu zelebrieren weiß.

Fotos: Ford/Elektroautomobil

Technische Daten
Fahrzeugbezeichnung: Ford Mustang Mach-E GT
Fahrzeugbeschreibung: fünfsitziger, fünftüriger Mittelklasse-Crossover
ANTRIEB
Bauart: 2 permanenterregte Synchronmaschinen, Allradantrieb
Leistung: 358 kW
Drehmoment: 860 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Energieinhalt (brutto/netto): 98,7 kWh/91 kWh
Batteriegarantie: 8 Jahre oder 160.000 km
Garantierte Batteriekapazität: 70 %
Wärmemanagement: Flüssig-Thermalmanagement
Ladestandard AC: AC 11 kW 3p
Ladestandard DC: CCS 150 kW
Ladezeit AC 11-kW-Ladestation 10-80 %: ca. 7 h 10 min
Ladezeit DC 350-kW-Ladestation 10-80 %: ca. 45 min
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h): 4,4 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
NEFZ:
EPA: 435 km
WLTP: 500 km
Reichweite mit Testverbrauch: 414 km
Verbrauch (WLTP): 20,0 kWh/100 km
Testverbrauch: 22 kWh/100 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Länge x Breite (ohne Spiegel) x Höhe: 4,743 m x 1,881 m x 1,613 m
Breite (mit Spiegel): 2,097 m
Radstand: 2,984 m
Gepäckraum: 402–1.420 l
Frunk: 100 l
Leergewicht: 2.348 kg
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 750 kg/750 kg
Stützlast: 30 kg
cW-Wert: 0,309
cW x A: N/A
PREIS & VERFÜGBARKEIT
Verfügbarkeit: bestellbar
Deutschland: ab 77.200 €
Österreich: ab 81.900 €

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