Fahrbericht: Abarth 500e

24.07.2023 von Vanessa Lisa Oelmann

Italienische Knutschkugel auf Steroiden

Abarth und Elektro – passt das zusammen? Na klar doch, sagt die italienische Traditionsmarke, und stellt den sportlichen Ableger des 500e stolz unter dem Motto „More Abarth than EVer“ vor. Der Elektrozwerg verspricht, die charakteristische Sportlichkeit der Marke Abarth mit einer Menge emissionsfreiem Fahrspaß zu kombinieren. Ob ihm das wohl gelingt? Wir durften am Starnberger See eine erste Testfahrt unternehmen.

Elektrozwerg in leuchtenden Farben

Der Abarth 500e behält das ikonische Design bereits bekannter Abarth-Modelle bei und fügt einige Akzente hinzu, die auf die elektrische Natur des Fahrzeugs hinweisen. Das Symbol der Marke, ein markanter Skorpion an der Flanke des Fahrzeugs, wird beispielsweise von einem neongrünen Blitz geziert. Mit seinen kurzen Überhängen, den für einen Kleinwagen auffällig weit ausgestellten Radhäusern und der weiß lackierten Frontspoilerlippe ist der Abarth 500e ein wahrer Blickfang. Dazu tragen sicherlich auch die beiden leuchtenden Lackierungen Acid Green und Poison Blue bei, der Wagen ist aber auch in weiß, rot und schwarz bestellbar.

Innenraum mit viel Alcantara und noch mehr Hartplastik

Im Innenraum des Fahrzeugs finden sich bequeme Sportsitze, die von zweifarbigen Ziernähten in grün und blau geschmückt werden. Das abgeflachte Sportlenkrad ist mit einer blauen 12-Uhr-Markierung versehen und wurde ebenso wie ein großer Teil der Innenraumflächen mit schwarzem Alcantara überzogen. Leider endet die sportliche Ästhetik an den Türverkleidungen, die wiederum aus sehr billigem Hartplastik bestehen und lediglich durch eine mit Leder bezogene Armablage etwas aufgewertet werden. Insgesamt gelingt es dem Abarth 500e aber, sich mit relativ subtilen Änderungen im Interieur merklich vom braven Bruder Fiat 500e abzusetzen. Auch das Infotainmentsystem ist quasi identisch aufgebaut und differenziert sich lediglich durch ein paar Abarth-spezifische Modi und Fahreinstellungen vom regulären Modell.

Sportliche Elektro-Kleinstwagen im Vergleich
Abarth 500e Honda e Advance Mini Cooper SE
Batterie (brutto/netto): 42 kWh/37,8 kWh 35,5 kWh/34,4 kWh 32,6 kWh/28,9 kWh
Reichweite (WLTP): 265 km 222 km 234 km
Leistung: 113 kW 113 kW 135 kW
Drehmoment: 235 Nm 315 Nm 270 Nm
Höchstgeschw. 155 km/h 145 km/h 150 km/h
0–100 km/h: 7,0 s 8,3 s 7,3 s
Preis DE: 37.990 € ab 39.900 € ab 37.300 €
Preis AT: 38.200 € ab 40.690 € ab 37.900 €

Der Elektromotor des Abarth 500e leistet 113 kW und verfügt über ein maximales Drehmoment von 235 Nm, wodurch eine Beschleunigung von 7,0 Sekunden auf 100 erzielt werden kann. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 155 km/h. Damit ist der elektrische Abarth seinem Verbrennerpendant zwar deutlich unterlegen, aber die Entscheidung kann in Anbetracht der ohnehin recht geringen WLTP-Reichweite von 265 Kilometern durchaus nachvollzogen werden. Im Unterboden ist jener 42-kWh-Akku verbaut, der bereits aus der Long-Range-Version des Fiat 500e (Cabrio im Fahrbericht) bekannt ist, und auch die Ladegeschwindigkeit von maximal 85 kW bleibt gleich, wodurch 80 Prozent in etwa 35 Minuten nachgeladen werden können.

Das lauteste Elektroauto der Welt?

Der Abarth 500e ist vermutlich das lauteste Elektroauto der Welt. Grund dafür: Ein am Unterboden angebrachter Soundgenerator, der sich nach Belieben aktivieren und je nach Fahrsituation ein tiefes Grummeln oder heiseres Fauchen verlauten lässt. Unser erster Eindruck: Anfangs ein witziges Gimmick, auf Dauer kann die Geräuschkulisse dann aber doch etwas nervig werden. Unbezahlbar sind allerdings die verwirrten Blicke jener Verkehrsteilnehmer, die den Abarth als Elektroauto erkannt haben und sich die Herkunft des heiteren Brabbelns partout nicht erklären können. Während unserer Testfahrt werden wir dutzende Male angesprochen und der Soundgenerator stößt durchgehend auf positive Reaktionen. Zum Aktivieren oder Deaktivieren des Sounds muss das Fahrzeug übrigens neu gestartet werden, während der Fahrt ist die Menüoption nicht aufrufbar.

Ein Elektroauto mit Verbrennersound

Doch wie schneidet der Elektrozwerg auf der Straße ab? Nach unserer zweistündigen Spritztour quer durchs Münchner Umland lässt sich folgendes festhalten: Der Abarth 500e bietet ein erstaunlich dynamisches Fahrerlebnis mit einer für einen Kleinwagen recht beeindruckenden Beschleunigung aus dem Stand. Die Gewichtsverteilung von 57 % auf der Vorderachse zu 43 % auf der Hinterachse ist gut ausgeglichen, was dem Stromer trotz seines verhältnismäßig kurzen Radstands von 2,32 Metern eine präzise und agile Handhabung verleiht.

Die Lenkung wurde sehr direkt ausgelegt und bietet ein gutes Feedback von der Straße. Selbst in den steilsten Kurven werden Fahrer und Beifahrer von den gut geformten Sportsitzen sicher in Position gehalten. Das Fahrwerk lässt sich sehr hart einstellen, sodass die Passagiere jeden noch so kleinen Kieselstein im unteren Rückenmark spüren, doch nach einem kurzen Tastendruck wechselt der 500e in ein deutlich komfortableres Fahrprogramm und gleitet entspannter über den Asphalt. Plötzlich steht die Sportlichkeit des Fahrzeugs im Hintergrund und beim Cruisen durch die malerische Landschaft kommt unweigerlich ein Hauch von Dolce-Vita-Feeling auf, das man in Bayern gar nicht erwartet hätte.

Eine Menge Fahrspaß gepaart mit einer Prise Fernweh nach Bella Italia ist mit dem Abarth 500e also definitiv vorprogrammiert. Gleichzeitig sehen wir noch viel Potenzial nach oben, welches in nicht allzu ferner Zukunft anhand eines vollelektrischen Ablegers des Abarth 595 oder 695 ausgeschöpft werden soll. Bereits eine Leistungssteigerung um 50 kW gepaart mit einer Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h würden auf dem Datenblatt deutlich besser aussehen und eingefleischte Fans der Marke eher vom neuen Antriebskonzept überzeugen, als es der verhältnismäßig zahme Abarth 500e im Augenblick tut.

Teurer Spaß mit verhaltener Serienausstattung

Wie viel muss ein Kaufinteressent also für den Abarth 500e berappen? Der Basispreis beginnt bei sportlichen 37.990 Euro für die Limousine, für die Cabriovariante startet die Preisliste ab 40.990 Euro. Damit ist der Abarth 500e nur im direkten Vergleich mit seinen Wettebewerbern vom Schlage eines Mini Cooper SE oder Honda e normal eingepreist. Im Serienumfang inbegriffen sind 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, elektrisch verstellbare Sitze, Parksensoren hinten, Tempomat und Apple Carplay sowie Android Auto. Die Turismo-Ausstattung kostet bei beiden Karosserieformen 3.000 Euro Aufpreis und wirbt mit 18-Zoll-Felgen, JBL-Premium-Soundsystem, Rückfahrkamera und diversen Fahrassistenzsystemen, die man bei einem modernen Fahrzeug vermutlich nicht missen möchte. Voll ausgestattet landet man somit knapp unter 47.000 Euro – ein saftiger Preis, der uns aber nicht sonderlich überrascht. Lifestyle and nostalgia sells und davon strotzt der elektrische Abarth nun mal geradezu.

...aber ist der 500e Abarth genug?

Ja, der Abarth 500e zeigt eindrücklich, dass Elektromobilität nicht automatisch Verzicht bedeuten muss und selbst ein ikonischer Hot Hatch mit etwas Kompromissbereitschaft zu einem emissionsfreien Modell umgedeutet werden kann. Wem der reguläre Fiat 500e also nicht sportlich genug ist, für den könnte der Aufpreis zum Abarth definitiv eine Überlegung wert sein. Um aber auch die alteingesessenen Abarthisti vom elektrischen Skorpion zu überzeugen, müssen die Italiener noch eine ordentliche Schippe drauflegen. Wer weiß, vielleicht benötigt es gar keinen Soundgenerator, sondern lediglich eine 5 oder gar eine 4 vor dem Komma, um jener Zielgruppe zu beweisen, dass ein lautlos dahingleitender Abarth genauso viel Spaß machen kann wie ein laut grummelnder 1,4-Liter-Reihenvierzylinder?

Fotos: Abarth

Technische Daten Abarth 500e
Fahrzeugklasse: Kleinstwagen, Limousine oder Cabrio
Sitze/Türen: 4/3
ANTRIEB
Bauart: permanenterregte Synchronmaschine, Vorderradantrieb
Leistung: 113,7 kW
Drehmoment: 235 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Energieinhalt (brutto/netto): 42 kWh/37,8 kWh
Wärmemanagement: Flüssigkeitskühlung
Ladestandard AC: Typ 2 11 kW 3p
Ladestandard DC: CCS 85 kW
Ladezeit AC 3-kW-Ladestation: ca. 15 h 15 min
Ladezeit AC 11-kW-Ladestation: ca. 4 h 15 min (0–100 %, geschätzt)
Ladezeit DC 150-kW-Ladestation: 35 min (0–80 %)
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschwindigkeit: 155 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): 7,0 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Verbrauch (WLTP): 18,8–17,1 kWh/100 km
Reichweite (WLTP): 242–265 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Länge x Breite (exkl. Spiegel) x Höhe: 3,673 m x 1,682 m x 1,518 m
Breite (inkl. Spiegel): N/A
Radstand: 2,322 m
Wendekreis: 9,4 m
Gepäckraum: 185–550 l
Frunk:
Leergewicht: 1.410–1.435 kg
Zuladung: 370–385 kg
Anhängelast (gebremst/ungebremst):
cW-Wert: N/A
Luftwiderstandsfläche (cW x A): N/A
PREIS
Verfügbarkeit: ab sofort bestellbar
Deutschland (Limousine/Cabrio): ab 37.990 €/ab 38.200 €
Österreich (Limousine/Cabrio): ab 40.990 €/ab 41.200 €

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