Erste Fahrt im Porsche Macan electric

10.10.2023 von Thomas Geiger

Spät, aber gewaltig

Porsche bringt nach all den Cariad-Querelen und der Abstimmung im gemeinsamen PPE-Projekt mit Audi endlich den elektrischen Macan an den Start. Der muss das Feld von hinten aufrollen – und am besten ganz nach vorne durchstürmen.

Schließlich wollen die Schwaben bis zum Ende der Dekade auf einen Elektro-Anteil von 80 Prozent kommen. Und weil das mit dem vergleichsweise elitären Taycan alleine kaum gelingen kann, brauchen sie dazu – besser heute als morgen – ein Modell für die breite Porsche-Basis. Kein Wunder also, dass der elektrische Macan unter einem hohen Erwartungsdruck steht – und den Elan gut gebrauchen kann.

Auch elektrisch ein echter Porsche

Dafür hat Baureihenleiter Jörg Kerner nicht in erster Linie ein Elektroauto entwickelt, sondern zuallererst mal einen typischen Macan. Das gilt fürs Design, das zwar etwas aerodynamischer wird und Batterie und Hinterbänklern mit gestrecktem Radstand ein wenig mehr Platz einräumt, ansonsten aber vom spitzen Bug über die breiten Hüften bis zum schrägen Heck unverkennbar ist. Und das gilt vor allem für die Dynamik. Denn auch der elektrische Macan fährt wie ein Porsche.

Nur, dass er frisch aus dem Fitness Studio kommt – und in jeder Disziplin deutlich mehr bietet, als früher. „Wir setzen dort an, wo wir beim Vorgänger aufgehört haben,“ sagt Kerner. Schon das Basismodell beschleunigt deshalb besser und geht schneller ums Eck, als der bisher beste Macan. Von der neuen Top-Version, die ironischerweise wohl wieder Turbo heißen wird, ganz zu schweigen.

Die beiden Motoren leisten hier nach alter Währung mehr als 450 kW und reißen mit über 1.000 Newtonmeter an allen vier Rädern. Und weil das wie immer bei E-Motoren fast schon mit explosivem Elan passiert, dauert es kaum mehr als drei Sekunden, bis der Tacho auf Tempo 100 schnellt. Nur bei der Höchstgeschwindigkeit, so viel Tribut an die neue Zeit muss Kerner dann doch bezahlen, gibt es Abstriche. Aber zumindest das Topmodell wird mehr als 250 km/h schaffen, stellt er in Aussicht.

Neben der schieren Leistung ist es vor allem das Setup, das den Macan auszeichnet. Vorne die wahrscheinlich beste Lenkung am Markt mit der größten Präzision und der direktesten Rückmeldung und hinten nicht nur etwas mehr Last auf der Achse, sondern erstmals auch aktiv lenkende Räder – das macht den Allradler zum König der Kurven und wirft einmal mehr die Frage auf, ob man hier noch ein SUV fährt oder schon in einem Sportwagen sitzt – erst recht, weil man trotz der Batterie im Boden auch noch fast zwei Zentimeter tiefer platziert ist, als im bisherigen Macan.

Sport und Utility

Aber auch, wenn der Macan eine Spaßgranate ist, will er natürlich nicht nur Sportwagen sein, sondern auch Alltagsauto. Dafür stehen bei Kerner neben dem großzügigen Platzangebot samt einem soliden Frunk und einer luftigen Mittelkonsole mit mehr Stauraum als der Keller mancher Mietwohnung natürlich vor allem die Reichweite und die Reisezeit.

Der Baureihenleiter hat deshalb nicht nur einen 100 kWh großen Akku aus dem Regal der „Premium Plattform Electric“ gegriffen, sondern auch von der Luft- bis zum Rollwiderstand viel für die Effizienz getan – und damit für die reale Reichweite. Wie groß diese in der Praxis ausfallen wird, muss sich noch zeigen, doch in der Theorie sind mehr als 500 Kilometer möglich.

Und natürlich wurde auch das Laden optimiert. Es gibt deshalb zu den standesgemäßen 800 Volt für bis zu 270 kW Ladeleistung an einem High Power Charger auch das so genannte „Bank-Laden“ für das Laden an 500-Volt-Ladestationen. Dafür wird der Akku virtuell halbiert, wodurch die Ladezeit auch an weniger idealen Ladestation extrem kurz ausfallen soll. Im Bestfall reichen dann runde vier Minuten für 100 Kilometer und man bestellt beim Boxenstopp besser nur noch Espresso statt Cappuccino.

Mehr Technik, mehr Displays

Auch bei der Ausstattung legt Porsche nach: Es gibt künftig ein Head-Up-Display mit Augmented-Reality-Technik, doppelt verglaste Scheiben sorgen für eine himmlische Ruhe und wie in den großen Modellen zieht sich das digitale Cockpit nun über die gesamte Breite – einen Bildschirm für den Beifahrer inklusive.

All das hat natürlich seinen Preis, den Kerner bislang genauso wenig nennt, wie den exakten Termin der Markteinführung. Nur, dass er mehr als der Vorgänger kosten wird, daran lässt er keinen Zweifel, und dass es irgendwann 2024 soweit sein soll, „lieber früher als später natürlich“. Aber wer mit dem ersten Halbjahr kalkuliert und den Einstiegspreis irgendwo zwischen den rund 70.000 Euro des bisherigen Macan und den etwa 95.000 Euro für den billigsten Taycan schätzt, der erntet von Kerner zumindest keine schrägen Blicke.

Zwar ist sich der Macan auch beim Wechsel von Generation und Antrieb treu geblieben, doch hat er mit dem Vorgänger, der für den Rest der Welt übrigens noch ein paar Jahre weitergebaut wird, nicht mehr viel mehr als den Namen gemein. Selbst das Logo ist nicht mehr das alte. Denn als eines der ersten Modelle bekommt der neue Macan auch das frisch geliftete Porsche-Wappen.

Fotos: Porsche

Lesetipp:

Mehr Details zur Technik des Porsche Macan electric haben wir in unserer dreiteiligen Online-Serie zur Porsche-Strategie veröffentlicht: Zum Artikel…

Technische Daten Porsche Macan electric Turbo
Fahrzeugklasse: Oberklasse-SUV
Sitze/Türen: 5/5
ANTRIEB
Antriebsart: Allradantrieb
Bauart: je eine permanenterregte Synchronmaschine an VA und HA
Leistung: ca. 450 kW
Drehmoment: > 1.000 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Energieinhalt: ca. 100 kWh
Wärmemanagement: Flüssigkeitskühlung
Ladestandard AC: Typ 2 11 kW 3p (opt. 22 kW 3p)
Ladestandard DC: CCS > 270 kW
Ladezeit AC 11-kW-Ladestation: ca. 10 h (0–100 %)
Ladezeit AC 22-kW-Ladestation: ca. 5 h (0–100 %) mit 22 kW-Bordlader
Ladezeit DC 350-kW-Ladestation: < 25 min (5–80 %)
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschwindigkeit: > 250 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): ca. 3 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Verbrauch (WLTP): N/A
Reichweite (WLTP): ca. 500 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Frunk: ja
Leergewicht: < 2.500 kg
PREIS
Verfügbarkeit: Markstart 2024
Preis Basismodell: ab ca. 80.000 € (geschätzt)
Preis Turbo: ab ca. 140.000 € (geschätzt)

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