Vorstellung: Tesla Cybertruck

02.12.2023 von Marcus Zacher

Dystopischer Futurismus

Kantig, kugelsicher und schneller als ein Porsche: Tesla hat in den USA die ersten Exemplare des Cybertrucks ausgeliefert. Die wichtigsten Infos, Preise und Reichweite im Überblick.

Es ist eines der provozierendsten Fahrzeuge, das in den letzten Jahren vorgestellt wurde: der Tesla Cybertruck. Der Elektroautopionier bricht mit bestehenden Design-Konventionen und garniert den Pick-up mit einigen technischen Highlights. Allerdings konnte der Hersteller die 2019 versprochenen Werte hinsichtlich Reichweite und Preis nicht einhalten.

Inspiriert von DeLorean und Blade Runner

Die kantige, unlackierte Edelstahl-Karosserie polarisiert wie kein anderes Fahrzeug dieser Kategorie zuvor. Eine durchgängige Lichtleiste charakterisiert die Front, der Fahrgastraum geht nahtlos in die Ladeflächenbegrenzung über. Das rechteckige Heck wird von einer weiteren horizontalen Lichtleiste geprägt. Kritiker mögen den Cybertruck als realitätsgewordene Dystopie – à la Blade Runner – bezeichnen, während Fans auf die zweifelsohne futuristische Optik im Stile eines DeLorean DMC-12 aus „Zurück in die Zukunft” verweisen werden.

In einem Land, in dem jährlich rund 20.000 Menschen durch Schusswaffen zu Tode kommen, ist eine kugelsichere Karosserie sicherlich für so manch Interessenten ein schwergewichtiges Argument (auch wenn die Scheiben offenbar nicht kugelfest sind). „When the apocalypse could come along at any moment, we at Tesla have the finest in apocalypse technology.”, scherzt Elon Musk daher bei der Präsentation. Er kennt den amerikanischen Markt.

Video: Tesla Cybertruck im Kugeltest
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Trotz der kolportierten, ultrasteifen Konstruktion des Fahrzeugaufbaus darf man davon ausgehen, dass der Cybertruck zumindest die amerikanischen Crashanforderungen erfüllen wird. Gut für die Insassen, möglicherweise schlecht für den Unfallgegner. Allerdings dürfte das auch auf viele andere Pick-up-Trucks zutreffen, die in den USA weiterhin die beliebteste Fahrzeugklasse überhaupt darstellen. Der Fußgängerschutz spielt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten keine große Rolle – anders als etwa in der EU.

Mit einem Porsche schneller als ein Porsche

Die Leistungsfähigkeit beweist Tesla mit einem beeindruckenden Video, bei dem der Cybertruck einen Porsche 911 auf der 1/4-Meile hinter sich lässt. Doch nicht nur das: Dabei zog der Tesla auch noch einen weiteren 911er auf einem Anhänger hinter sich her.

Video: Cybertruck vs. Porsche
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Kein Wunder, denn das dreimotorige Topmodell „Cyberbeast“ leistet supersportwagengleiche 630 kW und stemmt (am Rad gemessene) 14.000 Newtonmeter auf die vier Räder. Doch unabhängig davon soll der Cybertruck auch als Arbeitstier überzeugen: Tesla verspricht eine Zuladung von rund 1,1 und eine Anhängelast von rund 5 Tonnen. Das Ladevolumen soll bei etwa 3.400 Litern liegen, wobei der Frunk hier wahrscheinlich mit eingerechnet ist.

Eine Luftfederung sorgt für ausreichend Bodenfreiheit, die Manövrierbarkeit wird durch eine Allradlenkung erhöht. Der Wendekreis soll immerhin kleiner sein, als bei einem Model S. Damit die fahrende Person dabei nicht zu viel am Lenkrad kurbeln muss, ist der Pick-up mit einer Steer-by-Wire-Lenkung ausgerüstet. Es gibt also keine direkte mechanische Verbindung mehr zwischen dem Lenkrad und den Vorderrädern.

Reichweitenverlängerer für über 750 km

Je nach gewählter Konfiguration kommt der Cybertruck zwischen 400 und etwa 550 Kilometer weit, wobei es für besonders lange Fahrten oder anspruchsvolle Aufgaben – wie das Ziehen eines Anhängers – noch einen Range Extender, also einen Reichweitenverlängerer, gibt. Dabei handelt es sich nicht um einen Verbrennungsmotor, der als Generator fungiert, sondern um eine Zusatzbatterie mit offenbar 50 kWh Energieinhalt, die auf der Ladefläche installiert wird und etwa ein Drittel des Platzes beansprucht. Damit lässt sich die Reichweite immerhin um knapp 200 Kilometer erhöhen. Die bei der ursprünglichen Vorstellung 2019 angekündigten 500 Meilen (über 800 Kilometer) schafft der Cybertruck damit dennoch (noch) nicht.

Technische Schmankerl

Eher am Rande offenbart Musk bei der Premiere weitere, technische Neuerungen, die sich im Verborgenen abspielen. So setzt Tesla beispielsweise abseits des Lkws Semi erstmals auf ein 800-Volt-Bordnetz, womit sich höhere Ladeleistungen realisieren lassen dürften. Derzeit ist auf der Tesla-Homepage zwar noch von maximal 250 kW die Rede, was keine Steigerung gegenüber den bisherigen Modellen mit 400-Volt-Bordnetz bedeuten würde. Allerdings wird die Ladeleistung derzeit durch die Supercharger V3 begrenzt, künftig sollen – laut Aussagen im TopGear-Videobis zu 350 kW am Supercharger V4 möglich sein. Die Ladung von 15 auf 85 Prozent wird hier mit 18 bis 20 Minuten angegeben.

In der Batterie werden 4680er-Rundzellen in Cell-to-Pack-Bauweise installiert, gemäß genanntem Videobeitrag mit einer Kapazität von 123 kWh – wobei unklar ist, ob brutto oder netto.

Auf der Niedervolt-Ebene ist im Automobilbau schon seit Jahrzehnten ein 12-Volt-Bordnetz der Standard, um Komfortelektronik, Beleuchtung, Infotainment, Fensterheber, Scheibenwischer usw. zu versorgen. Beim Cybertruck verbaut der Hersteller jedoch erstmals ein 48-Volt-System, womit die Versorgung der Bordelektrik und -elektronik mit geringeren Strömen realisiert werden kann. Das führt zu Gewichtseinsparungen im Kabelbaum. Bislang wurden 48-Volt-Systeme in der Automobilindustrie fast ausschließlich für einige Komponenten bei Mild-Hybriden eingesetzt, jedoch nicht für die komplette Bordelektronik.

Um den Kabelbaum im Cybertruck weiter zu verschlanken, basiert die interne Kommunikation nun gänzlich auf einem Ethernet-Netzwerk, anstelle des noch weit verbreiteten CAN-Bus-Systems. Dadurch sollen sich auch große Datenmengen schnell verarbeiten lassen.

Wie auch der Ford F-150 Lightning ist der Cybertruck mit einem bidirektionalen Ladesystem „Tesla Powershare“ ausgerüstet und soll nicht nur V2L (Vehicle-to-Load), sondern auch Vehicle-to-Grid (V2G) mit bis zu 11,5 kW unterstützen. Um externe Geräte zu betreiben, befinden sich Steckdosen seitlich an der Ladefläche und im Innenraum, die V2G-Funktion wird wiederum über den normalen Ladeport umgesetzt. Mit ihren großen Batterien eignen sich Elektro-Pick-ups besonders gut für die Nutzung als mobile Powerbank.

Kommt der Cybertruck nach Europa?

Ohne einiger Anpassungen wird es der Cybertruck schwer haben, in Europa eine Zulassung zu bekommen. Es ist fraglich, ob das Fahrzeug auf hiesige Crashanforderungen und den Fußgängerschutz hin optimiert wurde. Ein zweiter Knackpunkt könnte das zulässige Gesamtgewicht darstellen, denn das Leergewicht liegt bei rund drei Tonnen – bis zur führerscheinrelevanten Grenze von 3,5 Tonnen bleibt nicht mehr viel Puffer für die Zuladung. Durch entsprechend gewählte Batterie- und Antriebskonfigurationen könnte das Leergewicht sicherlich weiter reduziert werden, doch eine hohe Zuladung bleibt mit den aktuellen Zulassungsgrenzen utopisch. Ein Marktstart in Europa ist daher unwahrscheinlich.

Topmodelle elektrischer Pick-ups im Vergleich
Tesla Cybertruck Rivian R1T Ford F-150 Lightning GMC Hummer EV
Version: Cyberbeast Quad-Motor AWD Platinum 4WD 3X Pickup Ext. Range
Anzahl E-Motoren: 3 4 2 3
Leistung: 630 kW 622 kW 433 kW 746 kW
Drehmoment: N/A 1.231 Nm 1.050 Nm N/A
0–96 km/h: 2,6 s* 3,0 s < 4,0 s* ca. 3,0 s
Batterie: 123 kWh** 135 kWh (brutto) 131 kWh (netto) 212 kWh (netto)
Reichweite (EPA): 515 km 528 km 483 km 613 km
max. Ladeleistung: 350 kW 215 kW 150 kW 350 kW
Anhängelast: 4.990 kg 4.990 kg 3.856 kg 3.856 kg
Preis USA: ab 99.990 $ ab 87.000 $ ab 91.995 $ ab 116.940 $
*inkl. 1-ft-Rollout/ **geschätzt

In den USA kann der Cybertruck nun für 250 Dollar reserviert werden, Interessenten werden informiert, sobald sie ihr Fahrzeug konfigurieren können. Die Preise beginnen für die Variante mit Hinterradantrieb (RWD) bei 60.990 Dollar. Der Einstiegspreis liegt somit über 20.000 Dollar höher, als 2019 angekündigt. Ebenfalls deutlich teurer ist die Allradversion (79.990 statt 49.900 Dollar) und das Topmodell mit „Tri Motor“ (99.990 statt 69.900 Dollar).

Je nach gewählter Variante liegt der Cybertruck daher etwa gleichauf bzw. ist ähnlich teuer wie andere Elektro-Pick-ups dieses Kalibers, beispielsweise der Ford F-150 Lightning oder der Rivian R1T. Allerdings bietet Ford seinen E-Pick-up auch in abgespeckter Form ab rund 50.000 Dollar an.

Fazit: Spitzentechnik zum Spitzenpreis

Der Cybertruck ist fraglos streitbar, jedoch nicht mehr oder weniger, als andere große Pick-up-Trucks. Die Nachfrage nach solchen Modellen ist in den USA enorm, daher wird Teslas Interpretation des wohl amerikanischsten aller Fahrzeuge seine Fans finden – und davon sicherlich nicht zu wenige. Gelingt es Elon Musk abermals, eingefleischte Verbrennerfahrende von einem Elektrofahrzeug zu überzeugen, kann der Cybertruck durchaus als Erfolg für Tesla und die E-Mobilität gewertet werden.

Der hohe Preis wird dennoch eine Hürde für viele Kundinnen und Kunden darstellen, insbesondere für diejenigen, die lediglich ein günstiges Arbeitstier suchen. So bietet der Cybertruck zwar Spitzentechnologie, jedoch zu einem hohen Preis.

Quelle(n): Tesla Homepage (Cybertruck, englisch), Tesla Cybertruck Delivery Event (YouTube), Tesla Homepage (Powershare), TopGear Fahrbericht (YouTube), Tesla Homepage (Cybertruck, deutsch)

Fotos: Tesla

Update – 05.12.2023

Tesla hat die deutsche Cybertruck-Seite aktualisiert. Entsprechend wurden einige technische Daten geringfügig überarbeitet.

Technische Daten Tesla Cybertruck
Version: Cyberbeast AWD RWD
Fahrzeugklasse: Pick-up
Sitze/Türen: 5/4
ANTRIEB
Antriebsart: Allrad Allrad Hinterrad
Anzahl E-Motoren: 3 2 1
Leistung: 630 kW 447 kW N/A
Drehmoment (Rad): 13.960 Nm 10.080 Nm N/A
BATTERIE & LADESTANDARD
Energieinhalt (geschätzt): 123 kWh ca. 90 kWh
Energieinhalt REX (geschätzt): 50 kWh
Ladestandard DC: NACS 350 kW NACS 350 kW NACS
FAHRLEISTUNGEN
Ladezeit DC: 18–20 min (15–85 %) N/A
Höchstgeschwindigkeit: 209 km/h 180 km/h 180 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): 2,7 s* < 4,3 s < 6,7 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Verbrauch (EPA): N/A 26,6 kWh/100 km N/A
Reichweite (EPA): 515 km 547 km 402 km
Reichweite m. REX (EPA): > 705 km 755 km N/A
ABMESSUNGEN & GEWICHT
L x B (inkl. Spiegel) x H: 5,683 m x 2,413 m x 1,791 m
Breite (Spiegel eingekl.): 2,201 m
Gepäckraum (inkl. Frunk): 1.897–3.427 l
Leergewicht: 3.104 kg 2.995 kg N/A
Zuladung: 1.134 kg
Anhängelast: 4.990 kg 3.400 kg
cW-Wert: 0,335
PREIS
Verfügbarkeit: Auslieferungen ab 2024 Auslieferungen ab 2024 Marktstart 2025
Preis USA: ab 99.990 $ ab 79.990 $ ab 60.990 $
*inkl. 1-ft-Rollout

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