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EAM 06/2024 - Dezember/Januar
Der elektrische Opel-Markenpokal ist inzwischen eine feste Größe im europäischen Rallye-Sport geworden, denn die Rüsselsheimer schicken ihren Elektro-Kleinwagen nun schon in die dritte Rally-Saison. Wir hatten die Gelegenheit, den Corsa Rally Electric einmal abseits topfebenen Asphalts über die Schotterpiste zu jagen.
Es ist ein Rendezvous mit einem alten Bekannten: Schon vor zwei Jahren hatten wir die Gelegenheit, die Qualitäten des elektrischen Opel Corsa im Rallye-Trimm auf dem Asphalt auszuprobieren. Zwei Jahre später, mit der Durchführung der nunmehr dritten Saison des offiziell ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe“ genannten Markenpokals, dürfen wir uns ein weiteres Mal hinter das Lenkrad des Opel Corsa Rally Electric klemmen.
Doch bevor wir uns von den Sechspunkt-Gurten in der Sitzschale festzurren lassen, werfen wir einen Blick zurück auf die letzten zwei Saisons: Wie hat sich der Rallye-Corsa im harten Renneinsatz bislang geschlagen? Da wären zum einen die Batterien. Diese sollen nach über 10.000 Kilometern im stressigen Rennbetrieb noch über 96 Prozent Restkapazität aufweisen, trotz der hohen Beanspruchung und der regelmäßigen Schnellladungen am Rennwochenende.
Das führt uns zum zweiten Punkt, der Ladetechnik: An den Ladeparks werden die Corsas mit bis zu 100 kW wieder fit für die nächste Etappe gemacht. Die halb-mobile Ladetechnik, bei der der Ladepark die Leistung direkt von einem Trafo abzapft, funktioniert problemlos und hält der engen Taktung im Fahrerlager stand, schließlich kommen die Fahrzeuge im Rennbetrieb im Minutentakt in den Service. Mit wachsender Erfahrung werden die Piloten dabei immer mutiger, manch Rennfahrer kommt mit nur drei Prozent Restladung in den Ladepark, schöpft die vorhandene Kapazität – nicht gerade üppige 50 kWh – also fast vollständig aus. Liegenbleiber aufgrund niedrigen Ladezustands habe es dennoch noch nie gegeben, wie uns ein Opel-Sprecher versichert.
Die Technik halte ebenfalls, denn bislang sei noch kein E-Motor, keine Batterie und noch kein Inverter kaputt gegangen. Das hält auch die Kosten für die auf die Nachwuchsförderung ausgelegte Rennserie in Grenzen, der Markenpokal soll bezahlbar bleiben.
Was sich in den letzten zwei Jahren geändert hat? Nun, neben der auf die aktuelle Corsa-Generation aktualisierten Optik wurden u. a. ein verbessertes Differential, verstärkte Antriebswellen und ein optimiertes Getriebe installiert.
Die Technik hält, was sie verspricht – Zeit also, den Helm überzustülpen, die Rennhandschuhe anzuziehen und sich auf den für uns präparierten Schotterrundkurs zu begeben. Schon auf den ersten Metern wird deutlich, dass der Corsa Electric als Rallye-Auto seinen eigentlich braven Charakter einmal vollständig auf links dreht. Da weder ABS, noch ASR oder ESP beim Beschleunigen, Lenken und Bremsen assistieren, benötigt man jede Menge Feingefühl in Füßen und Händen, um den Corsa möglichst artgerecht über den Rundkurs scheuchen zu können.
Ein bisschen zu viel Strom gegeben? Schon drehen die Vorderräder auf dem lockeren Schotter gnadenlos durch. Etwas zu spät gebremst? Plötzlich kommt der Pistenrand dem Fahrzeug gefährlich nahe. Ein wenig zu schnell in der Kurve? Jetzt sind schnelle Reaktionen am Lenkrad gefragt.
Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste, und daher tasten wir uns Runde um Runde an das Fahrverhalten des auf dem Papier mit 100 kW nicht gerade spektakulär motorisierten Rallye-Gefährts heran. Doch viel Leistung ist bekanntlich nicht viel Wert, wenn man damit nicht umzugehen weiß.
Steine prasseln gegen den Unterboden des nur noch rudimentär gedämmten Rennfahrzeugs und das obligatorische Soundmodul – damit die Zuschauer das Fahrzeug auch rechtzeitig hören können – stimmt in die ungewöhnliche Geräuschkulisse mit ein. Nach einer Weile hat man sich auf die Strecke mit dem für uns ungewöhnlichen Belag eingegroovt, der Fly-Off-Handbremshebel wird fast selbstverständlich vor der Kurve gezogen – was eine ordentliche Staubfahne zur Folge hat – und die Rundenzeiten werden besser und besser.
Mit wachsendem Vertrauen in sich selbst und dem Fahrzeug steigt auch der Fahrspaß – und der Respekt vor den 14 Rennfahrerinnen und Rennfahrern des Markenpokals. Denn die haben freilich nicht die Gelegenheit, die Strecke durch mehrfaches Abfahren genauen kennenzulernen. Eine einzelne Erkundungsfahrt muss reichen, um dass Gebetsbuch zu füllen und sich für die Wertungsprüfung vorzubereiten. Dann muss alles sitzen.
Nach viel zu kurzer Zeit wird die karierte Flagge geschwenkt und der Spaß hat sein Ende – zumindest für uns. Denn die 2023er Saison ist noch im vollen Gange, das Interesse an dem emissionsfreien Motorsport im In- und Ausland wächst.
Denn schon am 01. und 02. September startet der ADAC Opel Electric Rally Cup das zweite Mal in dieser Saison in Frankreich. Bei der Rallye Mont-Blanc Morzine südlich des Genfer Sees müssen die Rennpilotinnen und -piloten insgesamt sieben Wertungsprüfungen auf teils steilen und engen Pisten absolvieren.
Weitere Termine dieser Saison sind die ADAC Rallye Stemweder Berg bei Lübbecke, Nordrhein-Westfalen, und ein Lauf bei der Central European Rallye in Passau – und damit erstmalig im Rahmen der WRC (World Rally Championship).
Opel hat früh das Potential des elektrischen Motorsports erkannt, hier echte Pionierarbeit geleistet und es geschafft, innerhalb nur weniger Jahre einen angesehenen Markenpokal zu etablieren. Das hat inzwischen auch die FIA erkannt und arbeitet derzeit an einem Rallye-Reglement für Elektro-Fahrzeuge – basierend auf den Erkenntnissen des ADAC Opel Electric Rally Cup.
Fotos: Opel
Technische Daten | Opel Corsa Rally Electric |
---|---|
ANTRIEB | |
Antriebsart: | Vorderradantrieb |
Leistung: | 100 kW |
Drehmoment: | 260 Nm |
BATTERIE & LADESTANDARD | |
Energieinhalt (brutto): | 50 kWh |
Ladestandard DC: | CCS 100 kW |
Ladezeit DC: | < 30 min (0–80 %) |
REICHWEITE & VERBRAUCH | |
Reichweite (Rennbetrieb): | ca. 60 km |
ABMESSUNGEN & GEWICHT | |
Länge x Breite (exkl. Spiegel) x Höhe: | 4,060 m x 1,765 m x 1,435 m |
Radstand: | 2,538 m |
Leergewicht: | ca. 1.480 kg |
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