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EAM 06/2024 - Dezember/Januar
Vom eisigen Finnland bis ins sonnige Barcelona: Porsche hat den Taycan in unterschiedlichsten Gegenden dieser Welt getestet und Kunden auf Fahrevents präsentiert. Möglich ist das unter anderem auch deswegen, weil ein Mittelständler aus dem beschaulichen Nürtingen die nötige mobile Ladeinfrastruktur geliefert hat.
In einem einzigen Lkw-Auflieger finden eine 2,1 MWh große Batterie (das entspricht 2.100 kWh) und zehn Ladepunkte mit jeweils maximal 320 kW Output Platz – quasi eine riesige, rollende Powerbank für E-Autos.
Entworfen hat ADS-TEC-CEO Thomas Speidel den Ladetruck selbst, fertig entwickelt hat ihn dann sein Team in knapp anderthalb Jahren – Rekordzeit für ein Projekt dieser Größe. Die Funktionsweise ist schnell beschrieben: Die Batterie des Ladetrucks wird über einen Netzanschluss geladen. Wo genau das passiert, ist egal: ob vor einem Event, also bevor der Trailer dorthin gefahren wird, oder währenddessen, z. B. über einen 50-kW-Anschluss. Wird der gespeicherte Strom benötigt, können sich diesen bis zu zehn Fahrzeuge mit jeweils 320 kW aus der riesigen „Powerbank“ ziehen.
Plastischer kann man sich das mit einem schrägen Vergleich vorstellen: Eine WC-Spülung sammelt langsam Wasser im Spülkasten und gibt dieses dann bei Knopfdruck auf einen Schlag frei. So ähnlich funktioniert auch der Akku im Ladetruck, der langsam nachgeladen wird und dann schnell entladen werden kann, wenn ein E-Auto Strom braucht.
Was simpel klingt, ist vor allem deswegen Hightech, weil es auf so engem Bauraum passiert. Der Lkw-Auflieger ist bis zur Oberkante voll mit Kabeln, Akkuzellen und Elektronik, dennoch hält er die gängigen Gewichts- und Abmessungsgrenzen ein und funktioniert von -20°C bis +45°C.
Als „ChargeBox“ gibt es das ADS-TEC-System in kleinerer Form für den stationären Einsatz, auch hier ist der geringe Platzbedarf hervorzuheben. Aus einem Netzanschluss mit 50 bis 110 kVA lassen sich dank Pufferspeicher bis zu 320 kW Ladeleistung generieren – auf einer Grundfläche von nur anderthalb Quadratmetern. Sinnvoll ist diese Lösung vor allem für Standorte, an denen der Durchsatz nicht so hoch ist, wie etwa an weniger frequentierten Autobahnen (der Speicher braucht ja Zeit zum Nachladen), aber trotzdem die Kundschaft schnell laden möchte. Generell ist für alle Standorte von Vorteil, dass Kosten und die lange Dauer eines Netzausbaus umgangen werden, so kann die Ladeinfrastruktur deutlich schneller skaliert werden.
Innerstädtische Tankstellen sind für die ChargeBox ebenfalls prädestiniert – eine Berliner Aral-Tankstelle macht laut ADS-TEC bereits sehr gute Erfahrungen damit. Ohne zusätzlichen Netzausbau wurde so aus einem 50-kW-Lader einer mit 320 kW, die Kunden sind zufrieden und der Betreiber freut sich über den geringen Platzbedarf – ein Trafo-Haus benötigt erheblich mehr Fläche als die ChargeBox. Auch Wohnanlagen sind ein gutes Nutzungsszenario: Gerade hier ist selten ein Mittelspannungsanschluss vorhanden, aber gerade zuhause wollen die E-Mobilisten gerne mal schnell laden, beispielsweise wenn sie trotz leerem Akku spontan eine längere Fahrt absolvieren müssen. Für Wohnanlagen ist außerdem ein großer Pluspunkt, dass die „ChargeBox“ sehr leise arbeitet – das sorgt für mehr Akzeptanz bei den Anwohnern.
Probleme mit leeren Speichern habe es bisher nicht gegeben, unter anderem deswegen, weil der Akku auch noch dann mit Netzstrom nachpuffern kann, wenn gerade ein Elektroauto lädt. Findige Investoren haben das Potential des Mittelständlers aus Nürtingen erkannt: Im Dezember 2021 ging ADS-TEC Energy per SPAC (Special Purpose Acquisition Company) in den USA an die Börse.
Fotos: ADS-TEC, Porsche
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