Zero Emission, voller Fahrspaß

03.06.2016 von Redaktion Elektroautomobil

Auch Biker heizen künftig mit Strom.
„Surf City“ nennen Fans der flott gerittenen Pazifikwelle das nordkalifornische Santa Cruz. Hier tummeln sich durchtrainierte Sportler, hier tut sich immer was Neues. Besonders von der Küste einwärts im nahegelegenen Scotts Valley, wo Zero Motorcycles seinen Sitz hat. Dass das Unternehmen exakt zwischen der hippen Surf-Hochburg Santa Cruz und dem Hightech-Mekka Silicon Valley sitzt, passt perfekt, denn Dynamik und Innovation verbinden sich in den Elektro-Bikes von Zero zu einer Kombination, an die sich Motorradfahrer schon mal gewöhnen sollten.

380 El Pueblo Road in Scotts Valley: Unter dieser Adresse entwickeln Spezialisten seit exakt zehn Jahren die Zukunft des Motorradfahrens. Von außen betrachtet, könnten hier auch Versicherungen sitzen. Es herrscht nicht die umtriebige Hektik eines typischen Industriestandorts. Ähnlich innen: Keine hektischen Fabrikhallen, sondern fast klinische Arbeitsplätze, an denen mitunter die fortschrittlichsten Motorräder der Welt montiert werden – null, also „Zero“ Emissionen, dafür aber voller Fahrspaß.

Pure Leidenschaft umweht Zero Motorcycles.
Das merke ich sofort, als ich dem Marketingmanager Sean McLaughlin zur Begrüßung die Gashand schüttle: „Wir bei Zero sind fast alle selbst Motorradfahrer“, betont er. „Unheimlich viele Neuerungen kommen deshalb aus unserem eigenen Kreis und bewähren sich dann bei den Kunden.“ Das spare große und teure Feldstudien, so McLaughlin. Gerade die Marketingleute von Zero seien viel unterwegs und unterhielten sich ständig mit Bikern: „Ich stehe voll auf direkte Kommunikation. Da merkst du am besten, was jemand wirklich will und warum.“ Dabei komme am besten heraus, was Zero verbessern könne. Nach einer regelrechten Revolution vor gut drei Jahren mit Einführung des aktuellen „Z-Force“-Antriebssystems (Lithium-Ionen-Akkus, Permanentmagnetmotor und Drei-Phasen-Controller) sei laut McLaughlin für den neuen Jahrgang 2016 nur eine sanfte Weiterentwicklung nötig gewesen: „Damit werden wir jetzt noch breitere Zielgruppen als bisher erreichen.“

Die Straßen rund um Scotts Valley gleichen oftmals Abschnitten der Nürburgring-Nordschleife: Kuppen, Kompressionen und Kurven, deren Ausgang man lange nicht sieht. Bezeichnend auch: Der extrem anspruchsvolle „Raceway Laguna Seca“ ist nicht weit entfernt. Kein Wunder also, dass die Zero Motorcycles vor Agilität und Dynamik nur so sprühen. Unter anderem liegt das an einer bekannten Eigenheit von Elektromobilen, die sich bei relativ leichten Bikes besonders bemerkbar macht und die laut Sean McLaughlin bei Testfahrten für die größten Aha-Erlebnisse sorge: „Aus dem Stand das volle Drehmoment zu spüren und dazu diese lineare Beschleunigung und die Stille – das zusammen ist für Neulinge eine Riesenüberraschung, die sehr gut ankommt.“ Sogar manche eingefleischte Harley-Fahrer ließen sich davon überzeugen: „Die sind zwar von den Zahlen her ein ähnlich hohes Drehmoment gewohnt, aber jetzt spüren sie das mit nur etwa der Hälfte des Gewichts. Und sie müssen nie schalten.“ Das sei für viele Zero-Neulinge so beeindruckend, dass es am Ende aus ihnen herausbreche: „Hey, this is cool!“

Modelljahr 2016, Beispiel Zero SR ZF13.0: 317 km Reichweite in der Stadt, 158 km auf der Autobahn.
Hinter diesen imposanten Zahlen, die selbst Reichweitenangsthasen überzeugen sollten, stecken bis zu 16 kWh Akkukapazität in der jüngsten Evolutionsstufe der Zero S. Aufgrund immer höherer Stückzahlen und damit verbundener Kostenvorteile konnte Zero die Preise für seine Modelle S ZF9.8 Streetfighter und DS ZF9.8 Dual Sport aktuell reduzieren. Zu Produktion und Modellmix verrät Zero keine exakten Zahlen. Nur so viel: Die Kalifornier sind Weltmarktführer und verkaufen jährlich eine vierstellige Zahl an Bikes – „also irgendwo zwischen 1.000 und 9.999 Stück“, so McLaughlin. Neu hinzugekommen sind im aktuellen Jahrgang zu den bisherigen vier zwei weitere Modelle: die Supermoto FXS sowie das Abenteuer-Bike DSR. Die Preisspanne liegt mittlerweile bei 10.130 bis 17.840 Euro. Auch beim Aufladen hat sich was getan: Das neue Charge-Tank-Zubehör verwendet den beliebten J1772-Standard und lädt eine Zero in nur etwa drei Stunden auf.

Sean McLaughlin betont, dass entgegen Gerüchten alle Zero-Modelle in Kalifornien entworfen und hergestellt werden. Komponenten für die Bikes kämen zwar aus aller Welt (Asien, Brasilien und USA, die Reifen aus Italien). Aber Design und Technik würden in Scotts Valley entwickelt. Und was speziell den Z-Force-Antrieb betrifft: Der sei zu 100 Prozent von Zero entwickelt worden. „Nur die Produktion geschieht jetzt in Asien. Hier in Santa Cruz haben wir einfach nicht die Kapazitäten dafür.“

Baron von Münchhausen bei seinem Ritt auf der Kanonenkugel:
So in etwa fühlt sich der Zero-Neuling bei seiner elektrischen Jungfernfahrt. Die Wucht der fast laut- und absolut lückenlosen Beschleunigung des Elektromotors zieht ihm die Arme lang. Das Fehlen von Motorsound ist nicht etwa ein Makel, sondern entpuppt sich als regelrechter Segen: Umso intensiver empfinden jetzt die restlichen Sinne des verblüfften Testfahrers den gewaltigen Punch von bis zu 144 Nm Drehmoment. Das ist fast exakt die Schubkraft des Supersportlers Ducati 1299 Panigale – nur eben bei etwas weniger Leergewicht und ab der ersten Motorumdrehung in vollem Umfang. 3,3 Sekunden vergehen folgerichtig nur, bis sich die Zero SR in ihrer rasantesten Konfiguration aus dem Stand auf 100 km/h katapultiert. Auf den ersten Metern fühlt sie sich noch schneller an, als diese Zahl erahnen lässt.

Scotts Valley und Silicon Valley: Die Gemeinsamkeiten sind greifbar, auch im Falle der Entstehungsgeschichte von Zero Motorcycles. Denn der heutige Weltmarktführer bei Elektromotorrädern hat seinen Ursprung in einer Garage in Scotts Valley. Nach diesem Muster sind in näherer Umgebung bereits Weltunternehmen vom Schlage Microsoft oder Apple entstanden – vielversprechende Aussichten für die lautlos dahinbretternden Strom-Bikes von Zero. (Von Ralf Schütze | Fotos: R. Schütze, Zero Motorcycles)

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