Auf Kurvenjagd: Ultraviolette F77 Mach 2 Recon

03.11.2025 von Marcus Zacher

Starkes Debüt aus Indien – die Ultraviolette im Test

Mit coolem Design, ordentlicher Technik und einem fairen Preis wagt der indische Motorradhersteller Ultraviolette den Eintritt auf den europäischen Markt. Grund genug, das Erstlingswerk in Form der F77 Mach 2 Recon einem ausführlichen Test zu unterziehen.

Jet-Design auf zwei Rädern

Spektakulär sieht es aus, das neue Bike mit der etwas umständlichen Bezeichnung. Nicht nur diese ist an einen Kampfjet angelehnt, auch das Design zieht Parallelen zu den pfeilschnellen Fluggeräten: Seitliche Flügel erinnern ebenso daran wie verschiedene Markierungen auf der Kunststoffverkleidung oder der dezente Schriftzug „Stand Clear“.

Trotz der Referenzen muss man natürlich realistisch bleiben. Bei der F77 handelt es sich um eine elektrische „125er“ (Klasse L3e-A1). Die Dauerleistung ist auf 9,5 kW begrenzt, kurzzeitig sind allerdings 30 kW drin.

Anders als die Modellbezeichnung suggerieren mag, kann sie damit nicht ganz mit einem Eurofighter Typhoon mithalten, der problemlos auf die doppelte Schallgeschwindigkeit beschleunigen kann.

Doch GPS-gemessene 141 km/h sind für ein E-Motorrad dieser Klasse aller Ehren wert, schneller war bislang keine Elektro-125er in unseren Tests. Deutlich ist jedoch die Tachoabweichung, denn das bunte, digitale Display zeigt dann optimistische 153 km/h an.

Fahrspaß auf der Landstraße

Kurze Autobahnetappen sind also kein Problem, allerdings bereitet die Maschine – wenig überraschend – auf gewundenen Landstraßen am meisten Freude. Beim Kurvensurfen ist die F77 mit ihrem straffen Fahrwerk voll in ihrem Metier, das sportliche Handling macht die 200 Kilogramm Lebendmasse rasch vergessen. Ja, die F77 ist kein Leichtgewicht, doch ohne Kenntnis dieser Angabe hätten wir das Motorrad glatt 20 bis 30 Kilogramm leichter geschätzt.

Alltagstauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit

Ein Grund für das hohe Gewicht ist der mit nutzbaren 10,3 kWh großzügig dimensionierte Akku, der für einige Stunden Fahrspaß sorgt. Bei einer sportlichen Überlandtour sind damit bis zu 160 Kilometer möglich, im städtischen Pendelbetrieb erhöht sich der Aktionsradius auf bis zu 250 Kilometer. Hier überzeugte uns die F77 ebenfalls, denn sie lässt sich leicht rangieren (auf Wunsch elektrisch unterstützt), bietet kompakte Maße und ist dank der einfachen Handhabung auch für Einsteiger geeignet.

Vom sanften Gleiten bis zur Spitzenleistung

Mit „Glide“, „Combat“ und „Ballistic“ stehen drei Fahrmodi zur Wahl, die „Eco“, „Comfort“ und „Sport“ entsprechen. Wir wechselten schnell in den sportlichsten Fahrmodus, denn bei den beiden niedrigeren Stufen reagiert der Antrieb auf den grundsätzlich sehr präzise dosierbaren Stromgriff dann doch zu phlegmatisch. Reizt man die Spitzenleistung aus, die bis zu einem Ladestand von 30 Prozent abgerufen werden kann, wird man mit spritzigen Fahrleistungen belohnt, die im Preisbereich von rund 10.000 Euro nur wenige Maschinen überbieten können.

Die Ultraviolette verfügt darüber hinaus über einige Feinheiten, die in dieser Klasse längst nicht zum Standard gehören. Dazu zählen ein aktiv messendes Reifendruckkontrollsystem oder die sauber abgestimmte Bremse mit Dual-ABS von Bosch. Oder auch die Schubrekuperation, die bei unter 90 Prozent SoC aktiviert wird.

Diese lässt sich zehnstufig in der Intensität einstellen, zwischen Segeln bis One-Handle-Driving, ist alles möglich. Wir bevorzugten eine mittlere Einstellung, denn bei starker Rekuperation ist der Übergang zwischen Beschleunigung und Schubbetrieb ein wenig ruckelig.

Laden mit Hindernissen

Eine Besonderheit ist der Ladeanschluss, eine sogenannte „Typ 6“-Ladedose. Noch nie gehört? Kein Wunder, der Steckerstandard spielt in Europa bislang keine Rolle. Dabei handelt es sich um einen Gleichstrom-Stecker, der für niedrige Leistungen optimiert wurde. In Indien kann die F77 darüber mit bis zu 6 kW geladen werden, wofür das Unternehmen ein wachsendes Netzwerk von DC-Ladestationen („Supernova DC“) errichtet hat.

In Europa werden wir allerdings nicht so schnell in dessen Genuss kommen. Stattdessen bietet der Importeur zwei „Ladeziegel“ zur Auswahl an: Einen kleineren mit 2 kW Leistung und einen größeren, aktiv luftgekühlten Klotz mit 3 kW, mit dem das Laden relativ rasch vonstattengeht.

Angeschlossen werden die Ladegeräte jeweils an eine normale Haushaltssteckdose. Wer keinen festen Stellplatz mit Steckdose sein Eigen nennt, guckt allerdings in die Röhre, denn öffentliche Schuko-Dosen zum Laden sind selten, zumal man das teure Ladegerät kaum unbeaufsichtigt lassen möchte. Darüber hinaus sollte der Stellplatz auch vor Regen geschützt sein, denn das Ladegerät ist nicht auf Spritzwasser ausgelegt.

Fazit: Kampfjet-Design zum Kampfpreis

Die Ultraviolette F77 Mach 2 Recon ist erst frisch gestartet und überzeugte uns im Test mit ihren sportlichen Fahrleistungen, dem knackigen Handling und dem gelungenen Design. Das größte Manko ist der fehlende Typ-2-Anschluss nebst On-Board-Ladegerät. Wer damit jedoch zurechtkommt, weil er sein Motorrad neben einer (überdachten) Steckdose parken kann, bekommt eines der besten und reichweitenstärksten E-Motorräder im Preisbereich um die 10.000 Euro.

Fotos: Lars de Jong

Bildergalerie Ultraviolette F77 Mach 2 Recon (2025)

Technische Daten Ultraviolette F77 Mach 2 Recon
Fahrzeugklasse: Motorrad der Klasse L3e-A1
Sitze: 2
ANTRIEB
Bauart: permanenterregte Synchronmaschine
Leistung (Spitze/Dauer): 30 kW/9,5 kW
Drehmoment (Motor/Hinterrad): 100 Nm/551 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Spannungsklasse: < 60 V
Energieinhalt (brutto/netto): 12,1 kWh/10,3 kWh
Wärmemanagement: Luftkühlung
Bauart AC-Ladegerät: externes Ladegerät
Ladestandard AC: Schuko 2 kW 1p (optional 3 kW 1p)
Ladezeit (20–80 %): 2 h 30 min (mit 3-kW-Lader)
Wirkungsgrad AC-Ladegerät: ca. 80 %
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschw.: 144 km/h
0–100 km/h: 7,7 s
REICHWEITE
Norm-Reichweite: Stadt: 231 km; Autobahn: 143 km
EAM-Überlandrunde: 160 km
EAM-Stadtrunde: 250 km
Test-Gesamtreichweite: 160 km
VERBRAUCH
EAM-Überlandrunde: 6,4 kWh/100 km
EAM-Stadtrunde: 4,1 kWh/100 km
Test-Gesamtverbrauch: 6,3 kWh/100 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Länge x Breite (ohne Spiegel) x Höhe: N/A
Breite (mit Spiegel): N/A
Radstand: 1,340 m
Sitzhöhe: 0,796 m
Gewicht: 207 kg
Zuladung: 150 kg
Bereifung (vorne - hinten): 110/70-R17 - 150/60-R17
PREIS & VERFÜGBARKEIT
Verfügbarkeit: bestellbar
Deutschland: ab 10.390 €
Österreich: ab 10.390 €

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