Toyota Hybrid: Auf eigenem Kurs

08.02.2017 von Redaktion Elektroautomobil

Während deutsche Autobauer engagiert auf Plug-in-Hybride setzen und hoffen, damit rechtzeitig die Brüsseler CO2-Vorgaben für den Flottenverbrauch 2020 erfüllen zu können, sieht der weltgrößte Hersteller Toyota dem Thema sehr gelassen entgegen. „Wir werden keine Probleme haben, die EU-Flottenwerte auch ohne Plug-in-Elektrifizierung zu erreichen“, sagt Karl Schlicht, Vize-Präsident Toyota Motors Europe (TME).

2015 lag der CO2-Ausstoß von Toyota bezogen auf Europa bereits bei 114,9 Gramm pro Kilometer, bezogen auf die Hybridmodelle in Deutschland sogar bei nur 87,4 Gramm. Selbst beim Kleinwagen Yaris liegt die Hybridrate bei 33 Prozent. Knapp die Hälfte aller Auris-Kunden wählt ein Modell mit der Aufschrift Hybrid. Jüngst erweitert Toyota seine Hybrid-Angebotspalette mit RAV4. Dessen Technik stammt aus dem Lexus NX 200. Der wesentliche Unterschied zum Prius ist der größere Verbrennungsmotor (2,5 statt 1,8 Liter) sowie eine stärkere E-Maschine.

Deutschland Geschäftsführer Tom Fux erwartet langfristig eine „hybrid take rate“ von über 60 Prozent. Meist zu Lasten des Diesels. „Die Kunden sind noch offener für Hybrid geworden“, so Fux. Über alle Baureihen hinweg hat Toyota europaweit einen Dieselanteil von nur noch 25,4 Prozent.

Außer Zweifel steht, Toyota bleibt der Hersteller mit der längsten Hybrid- und Batterieerfahrung. „Hybrid ist für uns nicht die Kirsche auf der Torte, Hybrid ist die Torte“, sagt Fux. Bislang wurden weltweit in knapp 20 Jahren fast neun Millionen Hybridmodelle verkauft, davon 3,6 Millionen Prius. 31 Modelle sind global im Angebot, 14 in Europa. 60 Prozent aller derzeit produzierten Hybridautos tragen das Emblem von Toyota. Es gibt kein europäisches Land, in dem Toyota in Sachen Hybridverkäufe nicht Marktführer ist. Zwei Modelle werden sogar in Europa produziert, der Auris in Burneston/England, der Yaris in Valencienne/Frankreich.

Vom Know-how her hätte man also keine Probleme, Hybride als Plug-in-Version relativ schnell auf den Markt zu bringen. Doch beschränkt Toyota sich auch weiterhin auf das Prius-Derivat, das noch bis 2017 in alter Form weiterläuft. Dann wird es zwar einen Nachfolger geben, mehr aber auch nicht. Die Kunden sind heute nicht bereit, für eine elektrische Reichweite von höchstens 25 Kilometern gegenüber dem normalen Prius mehrere tausend Euro Aufpreis zu zahlen, um in der Praxis nur unwesentlich weniger zu verbrauchen. Hinzu kommt die recht unkomfortable und gegenüber einem Elektroauto noch häufigere Handhabung mit dem Ladekabel.

Um ein Plug-in-Modell gemäß seiner Bestimmung möglichst sparsam zu bewegen, ist aber eine ständig voll geladene Batterie nötig. „Wer dies ignoriert, braucht sich solch ein Fahrzeug nicht zu kaufen“, sagt Toyota Deutschland Technik-Experte Dirk Breuer. Erst wenn induktive Ladesysteme in der heimischen Garage verfügbar sind – gerechnet wird damit nicht vor 2019 – könnte die Nachfrage nach Plug-in-Hybriden anziehen.
Ein komplettes Nein von Toyota ist zum Thema 48-Volt-Riemengenerator zu hören, auf das momentan besonders die deutschen Autobauer setzen. Die neue Form des Mild-Hybrids soll helfen, den CO2-Ausstoß erheblich und gleichzeitig relativ kostengünstig zu reduzieren. „Wir bleiben bei unserem 200-Volt-Full-Hybrid-System“, sagt Hiroyuki Yamada, Chef-Ingenieur Prius.

Frühestens Ende dieses Jahres wird Toyota mit dem C-HR in Europa ein weiteres Hybridmodell einführen. Die Abkürzung steht für Compact High Rider. Der 4,37 Meter lange Crossover feierte gerade auf der Messe in Genf seine Weltpremiere und ist nach dem Prius das zweite Fahrzeug von Toyota, das auf der TNGA-Plattform aufbaut. Allein in Deutschland sollen jährlich 10.000 Einheiten verkauft werden. 2018 folgen der Prius Plus als Siebensitzer und die nächste Generation des RAV4, die dann auch auf der TNGA-Plattform basiert. Ebenso auf dem Plan steht der Kleinwagen Yaris Hybrid. Diskutiert wird derzeit die Frage, auch den nächsten Avensis als Hybrid anzubieten.

Weitestgehend unabhängig hält sich Toyota, geht es um die Hybridkomponenten. Nach wie vor entwickelt und produziert man sämtliche Teile selbst. Dazu zählen in erster Linie die Elektromotoren, das Hybridgetriebe und die Leistungselektronik PCU (Power Control Unit). Letzteres ist das Gehirn des Ganzen. Auch die Batterien, sowohl Nickel-Metallhydrid als auch Lithium-Ionen, stammen aus eigenen Werken. Bei der Zellchemie arbeitet man zusammen mit dem japanischen Unternehmen Panasonic.

Hybrid-Konkurrenz formiert sich momentan in Korea. Kia fährt mit dem Niro vor und zielt exakt auf den C-HR, Hyundai hat mit dem Ioniq den Prius im Fokus. Ob sich allerdings jemals die Ankündigung von Hyundai Entwicklungschef Woong-Chul Yang bewahrheite wird, „Marktführer bei Autos mit alternativen Antrieben zu werden“, bezweifeln Experten. (Michael Specht/SP-X)

  1. Joe Schmidt sagt:

    Natürlich hat Toyota kein Problem, die CO2-Grenzwerte zu erreichen – man zehrt von den Erfahrungen der letzten Jahre /Jahrzehnte. Aber die Technologieführerschaft geht verloren, wenn man nicht auf Veränderungen reagiert. Eine Verdoppelung der Speicherkapazität bei Akkumulatoren in den letzten Jahren (siehe BMW i3) ist eine Veränderung – Toyota hat bisher nicht reagiert.

    Toyota Miarai – Wasserstoff-BSZ-Auto als zukünftiges Elektroauto? Schon heute mit billigstem fossilem H2 bei ca. 10€/100km nicht wirtschaftlich. Mit mehrfach so teurem H2 aus EE erst recht nicht (für 1kg H2 aus Hydrolyse benötigt man ca. 50kWh (EE-)Strom + 8 Liter reinstes Wasser)..

    Von Toyota gibt es derzeit weder einen praktikablen PlugIn (nein, ich meine nicht die „Papierkrücken“ der dt. Hersteller mit angeblich 25km Reichweite) noch ein richtiges Elektroauto. Man hat es bisher nicht einmal geschafft, eine Anhängerkupplung für den Prius zuzulassen … Der Prius PlugIn sollte (wegen der geringen Mehraufwendungen) ursprünglich den normalen Prius ersetzen. Aber lieber verlangt man in Europa dafür Mondpreise, als sich selbst die eigene Voll-Hybridtechnik zu kannibalisieren.

    So toll das Konzept mit dem stufenlosen Getriebe und den beiden E-Motoren im Vollhybrid (also mit Verbrennermotor) funktioniert – so wenig wird es im reinen E-Auto noch benötigt. Klar ist es besser als an einen reinen Verbrenner 48V-Zusatztechnik anzubasteln – aber die Zukunft ist es auch nicht (mehr).
    Voll-Hybrid ist – wie es der Toyota-Manager ausdrückte – die heutige Torte bei Toyota. Nur wo bleiben dann die Kirschen oben drauf ?!?

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