Range Rover Electric: Wandel auf die leise Tour

25.04.2025 von Thomas Geiger

Mitfahrt im Prototypen

JLR hebt den Range Rover in eine neue Ära: elektrisch, leise, leistungsstark. Der erste vollelektrische Luxus-SUV der Briten zeigt, dass sich Tradition und Technologie nicht ausschließen müssen. Wir waren am Polarkreis mit dem Range Rover Electric unterwegs.

Nur keine Hektik. Sollen die anderen ruhig den Trends hinterherhecheln und Jagd auf die Zukunft machen. Ein Range Rover lässt sich nicht hetzen. Auch wenn die Mutter aller Luxus-Geländewagen in mittlerweile 55 Jahren reichlich Konkurrenz bekommen hat, wähnen sich die Briten weiter über den Dingen und leben, wie es sich für den Adel gebührt, in ihrer eigenen Zeit – egal ob im Schloss oder auf der Straße.

Doch weil – wo sollten sie das besser wissen als im Vereinigten Königreich – auch die Monarchie nicht vom Wandel gefeit ist, flirten sie jetzt mit reichlich Verspätung ebenfalls mit der Elektromobilität. Beim Flaggschiff der Land-Rover-Palette wird bald der Benzintank durch einen Batteriepack ersetzt.

Später Start, aber clever positioniert

Zwar kommt der erste vollelektrische Land Rover erst zum Jahreswechsel auf den Markt. Doch weil Bentley, Rolls-Royce oder Aston Martin noch langsamer sind und ein BMW iX, ein Mercedes EQS SUV oder ein Audi Q8 e-tron nicht wirklich als Konkurrenten zählen, haben sich die Briten jetzt bei der Entwicklung schon mal über die Schulter schauen lassen.

Viel zu sehen gibt es dabei zwar nicht. Denn weil der E-Antrieb neben Benziner, Diesel und Plug-in-Hybrid nur eine von vier Alternativen ist, nutzen sie die Plattform und die Karosserie weiter. Es sind nur ein paar aerodynamische Finessen, die den Unterschied machen.

Und auch zu hören ist nichts, weil der elektrische Range gar vollends zum leisen Riesen wird. Er gleitet fast völlig geräuschlos durch die schwedische Winterlandschaft und wird so zum Souverän auf der Straße.

Kraftvoll und souverän unterwegs

Aber dafür ist umso mehr zu spüren – zumindest auf der Straße. Schließlich entwickeln die beiden E-Maschinen zusammen 404 kW und 850 Nm und damit mehr Nachdruck als alle anderen Range-Rover-Derivate diesseits des Sportmodells S.

Man muss nur mal neben Entwicklungschef Thomas Müller auf Testfahrt gehen, dann kann man ein Lied von den Kräften singen, die den Koloss fast schon erschreckend dynamisch erscheinen lassen. Vor allem aber spürt man dabei die souveräne Mühelosigkeit, die dem Luxusliner zu eigen ist – wie sonst allenfalls noch dem Rolls-Royce Spectre. Dumm nur, dass sich die Kollegen dort die Wortschöpfung „Waftability“ haben schützen lassen und die Range-Rover-Mannschaft sich deshalb mit „Effortlessness“ begnügen muss.

Feinschliff fürs Gelände

Während die überbordende Kraft auf der Straße ein Segen ist, bringt sie Müller und seinen Dynamic-Chef Matt Becker auf Schnee, Sand oder Schotter bisweilen zum Schwitzen. Schließlich wollen die beiden nicht nur die gleichen Eckdaten für Wattiefe, Böschungswinkel oder Bodenfreiheit erreichen, sondern auch die gleiche Gelassenheit, die einen Range Rover im Gelände auszeichnet.

Da ist die fast explosive Kraftentfaltung der E-Motoren bisweilen beinahe zu viel des Guten. Deshalb haben sich Müller und Becker im schwedischen Polarkreis viel Zeit gelassen und dafür den Steuergeräten Beine gemacht. Jetzt regeln sie den Kraftausbruch so weit herunter und verteilen das Drehmoment so feinfühlig zwischen allen vier Rädern, dass sich der Range Rover auch auf üblem Terrain und glattem Grund nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Ausreichende Reichweite und hohe Ladeleistung

Dass er dabei einen betont langen Atem beweist, liegt nicht zuletzt an der Kapazität der 800-Volt-Batterie: Obwohl sie in eine Verbrenner-Plattform gequetscht werden musste, bietet sie eine nutzbare Energiemenge von 117 kWh. Damit sollen im Normzyklus „sehr deutlich über 500 Kilometer“ möglich sein, verspricht Müller.

Und weil sie sich auch beim Thermomanagement viel Mühe gegeben haben – etwa durch eine Wärmepumpe, die schon ab minus 10 Grad arbeitet – sollen auch die Praxiswerte überzeugen.

Auch beim Laden wird nicht gebummelt: Wechselstrom zieht der Range Rover mit 22 kW, Gleichstrom sogar mit 350 kW.

Fazit: Tradition und Moderne gekonnt vereint

Ja, sie haben lange warten müssen auf dieses Auto. Und ja, sie werden bei Schätzpreisen weit jenseits von 150.000 Euro tief in die Tasche greifen müssen. Und trotzdem wird der elektrische Range Rover Balsam für die geschundenen Seelen anglophiler Besserverdiener sein.

Er ist – allenfalls noch bedrängt von der Mercedes G-Klasse – der erste elektrische Edelgeländewagen und kommt damit Konkurrenten wie Bentley, Aston Martin und Rolls-Royce zuvor.

Vor allem aber beweist Land Rover mit dem elektrischen Range Rover nach der Schocktherapie der Schwestermarke Jaguar und ihrer fast schon verstörenden Studie Type 00, dass die Briten zum Neuanfang nicht immer eine Brechstange brauchen. Sie müssen dabei auch nicht ihre Tradition über Bord werfen – der Wandel gelingt hier auf die leise Tour.

Fotos: Range Rover

Bildergalerie Range Rover Electric Prototype

Technische Daten Range Rover Electric
Fahrzeugklasse: Oberklasse
Karosserie: SUV
Sitze/Türen: 5/5
Antriebsart: Allradantrieb
Leistung: 404 kW
Drehmoment: 850 Nm
Spannungsklasse: 800 V
Batterie (netto): 117 kWh
Ladeleistung AC: 22 kW
Ladeleistung DC: 350 kW
Reichweite (WLTP): > 500 km
Preis (geschätzt): > 150.000 €
  1. Erwin Nüsser sagt:

    Ääähh, eine Wärmepumpe die schon ab Minus 10 Grad arbeitet? Ich Denk mal das soll ab Plus 10 Grad heissen. Ist aber sicher ein grandioses Auto das mit der dicken Batterie auch aussreichend weit fahren kann.

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