Erste Fahrt im neuen Kia EV6

14.11.2024 von Robin Engelhardt

Wie gut ist das Facelift?

Kia startet mit dem Facelift des Mittelklasse-Crossovers EV6 ins neue Jahr. Wir konnten bei einer ersten Ausfahrt herausfinden, in welchen Punkten der 800-Volt-Stromer nachgebessert wurde.

Manche Autos sind ihrer Zeit voraus, gerade bei elektrischen erlebt man immer wieder, dass sie auch nach Jahren auf dem Markt noch sehr aktuell sind. Der Kia EV6 ist so ein Auto. Zeitgleich mit den Schwestermodellen Genesis GV60 und Hyundai Ioniq 5 haben die Koreaner die damals revolutionäre 800-Volt-Technik erstmals aus dem Luxussegment in die Mittelklasse gebracht. Auch drei Jahre später gibt es in dieser Preisklasse nicht so viel Auswahl – BMW, Mercedes und Tesla zuckeln hinter Kia und Hyundai hinterher.

Trotzdem gönnt Kia dem EV6 ein Facelift, das in diesem Fall wörtlich zu nehmen ist, denn vor allem das Gesicht sieht völlig anders aus, während sich technisch nicht viel Großes verändert hat. Wir durften den Wagen in Portugal ausführlich testen.

Kosmetische Änderungen an der Front

Während Seiten und Heck quasi unverändert geblieben sind, hält in der Front der Trend zu durchgängigen Leuchtbändern Einzug. Statt den in viele Einzellichter unterteilten Tagfahrlichtern gibt es nun einen fast durchgängigen Leuchtstreifen quer über die gesamte Front. Er wirkt nun einen Tick futuristischer und ist von vorne sofort als Facelift erkennbar, bleibt den bisherigen Formen aber treu.

Bildergalerie Kia EV6 (2025)

Innen nur behutsame Updates

Im Interieur sieht es ähnlich aus, auf den ersten Blick kennt man alle Formen und Proportionen. Schaut man genauer hin, fällt aber ein markanter Unterschied auf: Man ist die schmutz- und kratzempfindlichen Hochglanz-Oberflächen nahezu vollständig losgeworden. Das möchten wir ausdrücklich loben, weil viel zu viele Autobauer immer noch auf dieses billig wirkendende Material setzen. Kia hingegen hat sich das Kundenfeedback zu Herzen genommen und verbaut zwar immer noch viel Kunststoff, das aber in matter Optik und gewohnt wertig verarbeitet viel besser gefällt.

Alle weiteren Änderungen sind nicht direkt sichtbar, aber trotzdem sinnvoll. Das induktive Ladepad für Smartphones hat nun 15 statt vormals 5 Watt Ladeleistung und Android Auto gibt es endlich auch kabellos. Die zusätzlichen seitlichen Parksensoren machen das Rangieren in engen Parkhäusern leichter.

Rollendes Wohnzimmer

Auch weiterhin überraschend gut ist das Platzangebot. Der Beifahrersitz hat durch ein verändertes Armaturenbrett (bzw. dessen Unterbau) sogar noch mehr Beinfreiheit bekommen, aber auch auf der Rückbank ist weiterhin fürstlich Platz. Dank des fehlenden Mitteltunnels sind alle drei Plätze vollwertig nutzbar, Beinfreiheit gibt es wie in einer Chauffeur-Limousine. Lediglich nach oben fordert die Dachlinie ihren Tribut, ab etwa 1,75 Meter stößt man an.

Im Kofferraum gibt es weiterhin 490 bis 1.290 Liter Ladevolumen, dazu einen Frunk mit 52 Litern bei den Varianten mit Hinterradantrieb und 20 Litern im Allradmodell. Wem selbst das nicht reicht, der kann immer noch einen bis zu 1,8 Tonnen schweren Anhänger ziehen – vom Baumarkt-Großeinkauf bis zu diversen Wohnwagen darf hier viel mit.

Kleine Verbesserungen bei Software und Assistenten

Bei der Nutzeroberfläche hat sich wenig getan, die wichtigste Neuerung ist sicher der verbesserte Ladeplaner, der jetzt nicht mehr plump an jedem Stopp auf 100 Prozent laden will, sondern sinnvolle Stopps unter 30 Minuten vorschlägt. Perfekt ist er aber immer noch nicht: Mehr als vier Ladestopps gibt es nicht, für sehr lange Strecken kann man die Gesamtroute also erst nach und nach sehen.Wirklich gefreut hat uns, dass das von Kia bekannte Gebimmel jetzt sehr leicht reduziert werden kann: Ein langer Druck auf die Lautstärke-Taste am Lenkrad lässt zumindest die Tempowarnungen verstummen. 

Mit den aktuellen Assistenzsystemen kommt Kia in der Oberklasse an. Saubere Spurzentrierung, Abstandhalten und sogar Spurwechsel (nach manuellem Setzen des Blinkers) funktionieren ordentlich. Letztere könnten allerdings etwas fixer sein, für den Weg von der einen zur anderen Spur vergehen gut und gerne zehn Sekunden, in etwas dichterem Verkehr schafft man es so in keine Lücke. Auf Langstrecken ist das System trotzdem eine echte Entlastung.

Verbesserte Ladekurve

Trotz GT-Line und 239 kW starkem Allrad-Antrieb ist der EV6 weiterhin ein komfortorientiertes Auto. Man kann ihn zwar gut um die Kurven scheuchen, aber wirklich zuhause ist das bequeme Fahrwerk eher auf langen Autobahnfahrten. So stehen nach sechs Stunden Fahrt über Land, durch die Stadt und auf der Autobahn moderate 21,1 kWh/100 km auf dem Stromzähler. Beim Antriebsprogramm hat sich ansonsten nichts geändert. Die Basisversion leistet unvermindert 125 kW und ist mit Heckantrieb ausgerüstet. Der große Akku ist an einen Hinterradmotor mit 168 kW gekoppelt, optional gibt es den von uns getesteten Allradantrieb mit zusätzlichem E-Motor an der Vorderachse.

Kia EV6 (Varianten) 63 kWh RWD 84 kWh RWD 84 kWh AWD
Batterie: 63 kWh 84 kWh 84 kWh
Reichweite (WLTP): 428 km 560–582 km 522–546 km
Antrieb: Hinterradantrieb Hinterradantrieb Allradantrieb
Leistung: 125 kW 168 kW 239 kW
Drehmoment: 350 Nm 350 Nm 605 Nm
0–100 km/h: 8,7 s 7,7 s 5,3 s
Höchstgeschw.: 185 km/h 185 km/h 188 km/h
max. Ladeleistung: 195 kW 258 kW 258 kW
Anhängelast: 750 kg 1.800 kg 1.800 kg
Preis DE: ab 44.990 € ab 49.990 € ab 53.990 €
Preis AT: ab 49.190 € ab 52.790 € ab 56.690 €

Die Ladekurve soll zudem jetzt stabiler sein und bei höheren Ladeständen gleichmäßiger abfallen, ohne große Ausreißer nach oben und unten. Die typische Pause zum „Durchatmen“, die wir mehrfach bei Fahrzeugen der E-GMP-Plattform messen konnten, soll damit passé sein. Die Spitzenleistung erhöht sich im Zuge des Facelifts von 240 auf 258 kW (bzw. von 180 auf 195 kW mit dem kleineren Akku). Dank manueller Vorkonditionierung auf Knopfdruck soll die Ladeleistung zudem zuverlässiger nutzbar sein. Im Detail testen konnten wir die Ladekurve während der ersten Fahrt noch nicht.

Beide Akkus sind nun geringfügig größer, aus 77,4 kWh werden 84 kWh und aus 58 kWh sind 63 kWh geworden. Durch die gestiegene Ladeleistung sollen die Ladezeiten aber gleich bleiben, eine Zeit von 18 Minuten für die Ladung von 10 auf 80 Prozent stellt Kia weiterhin in Aussicht.

Startpreis um 2.000 Euro gesenkt

Im Zuge der Modellüberarbeitung hat Kia den Einstiegspreus des EV6 um 2.000 Euro gesenkt. In Deutschland ist er ab sofort ab 44.990 Euro bestellbar. Die Variante mit großem Akku kostet 5.000 Euro mehr, die Preise starten bei 49.990 Euro, was ebenfalls einer Preisreduktion um 2.000 Euro im Vergleich zum Vorgänger entspricht.

In Österreich wurde das Basismodell im Zuge des Facelifts 2.000 Euro teurer und kostet jetzt mindestens 49.190 Euro. Im Gegenzug wurde der Einstieg in die Longe-Range-Variante mit 84-kWh-Akku um 5.000 Euro günstiger. Hier beginnt die Preisliste jetzt ab 52.790 Euro. Privatkundne können darüber hinaus noch die Elektroautoförderung in Höhe von 5.400 Euro abziehen.

Fazit: Ein gutes Auto wurde noch besser gemacht

Die erste Version des EV6 hat viele überrascht und Kia einen 800-Volt-Pionier-Nimbus gegeben. Das Facelift hingegen ist ein Auto ohne Überraschungen – und das ist ausdrücklich positiv gemeint. Deswegen möchten wir an dieser Stelle auch nochmal auf unseren Langzeittest in der EAM-Ausgabe 06/2022 verweisen, die meisten der dort gewonnenen Erkenntnisse gelten auch für das Facelift.

Neben der neuen Front gibt es vor allem kleine Verbesserungen. Im Alltag wohl am wichtigsten ist die robustere Ladekurve samt manueller Vorkonditionierung und 10 Prozent mehr Reichweite. Auch die Preissenkung von 2.000 bis 3.100 Euro (je nach Ausstattung) im Vergleich zum Vorgänger ist ein nettes Bonbon. Hier ist ein gutes Auto noch ein bisschen besser geworden.

Fotos: Kia

Technische Daten Kia EV6 84 kWh AWD
Fahrzeugklasse: Mittelklasse-Crossover
Sitze/Türen: 5/5
ANTRIEB
Antriebsart: Allradantrieb
Bauart: vorne: 1x PSM, hinten: 1x PSM
Leistung: 239 kW
Drehmoment: 605 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Spannungsklasse: 800 V
Energieinhalt (brutto/netto): 84 kWh/—
Ladeleistung AC: 11 kW
Ladeleistung DC: 258 kW
Ladezeit AC (10–100 %): ca. 7 h 35 min
Ladezeit DC (10–80 %): ca. 18 min
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschwindigkeit: 188 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): 5,3 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Reichweite (WLTP): 522–546 km
Verbrauch (WLTP): 17,7–17,0 kWh/100 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Länge x Breite (exkl. Spiegel) x Höhe: 4,695 m x 1,880 m (GT-Line: 1,890 m) x 1,550 m
Breite (inkl. Spiegel): N/A
Radstand: 2,900 m
Gepäckraum: 490–1.290 l
Frunk: 20 l
Leergewicht: 2.150–2.240 kg
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 1.800 kg/750 kg
cW-Wert: 0,28
PREIS & VERFÜGBARKEIT
Verfügbarkeit: ab sofort bestellbar
Deutschland: ab 53.990 €
Österreich: ab 56.690 €

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