Klein, gut und günstig: Leapmotor macht zusammen mit dem Autokonzern Stellantis ein neues Angebot am unteren Ende der Preisskala. Wir konnten den neuen Billig-Stromer bereits fahren.

Der Preiskampf ums bezahlbare Elektroauto geht in die nächste Runde. Denn während Citroën mit dem ë-C3 und Renault mit dem R5 gerade stolz die 25.000 Euro-Grenze geknackt haben und VW seinen neuen Volksstromer ID.2 da erst noch hinrechnen muss, bringt Leapmotor jetzt für nahezu konkurrenzlose 18.900 Euro den T03 an den Start. Nur der Dacia Spring ist mit seinen 16.900 Euro noch ein bisschen billiger, bietet für die 2.000 Euro Preisvorteil aber auch sehr viel weniger Auto.

Dabei ist Leapmotor kein weiteres windiges Start-up aus China, denn mit Stellantis hat man sich ein automobiles Schwergewicht als Partner ins Boot geholt. Für den Vertrieb der Leapmotor-Modelle außerhalb Chinas wurde ein Joint Venture gegründet, an dem Stellantis 51 Prozent der Anteil hält. So wird Leapmotor als 15. Marke zur Adoptivschwester von Opel oder Fiat und macht sich breit im Schoß der Familie. Nicht nur, dass die erstmal 40 Händler alle schon mit einer Stellantis-Marke am Netz sind, sondern der Kleinstwagen wird aus Angst vor den Brüsseler Strafsteuern zudem nicht in China produziert, sondern zusammen mit dem Fiat 500 im polnischen Tichy montiert.

Überhaupt ist der T03 kein klassisches Billigauto. Natürlich ist er ein Kleinwagen, der mit 3,62 Metern Länge und mehr noch mit seinen 1,58 Metern Breite eher schmächtig wirkt. Mit seinem altbackenen Design irgendwo zwischen Opel Agila und Smart Forfour macht er zudem keinen sonderlich großen Staat. Doch dafür bietet er – gemessen an seinem Format – überraschend viel Platz in beiden Reihen. Der Kofferraum wäre mit seinen 210 bis 508 Litern sogar ganz imposant, wenn man die Einkäufe nur nicht über eine sehr hohe Ladekante wuchten und dann in einer tiefen Kuhle versenken müsste.

Dazu wird bei der Ausstattung nicht gekleckert, sondern geklotzt. Wo man selbst bei ausgewachsenen Kleinwagen bisweilen noch die Fenster von Hand kurbeln muss, sind die E-Heber hier genauso an Bord wie die elektrischen Spiegel oder die Zentralverriegelung. Natürlich sind die Instrumente digital und daneben prangt ein Touchscreen, der deutlich größer ist als das Display einer Smartwatch. Schließlich läuft darauf ja auch die Navigation und die Rückfahrkamera.

Ach ja – und die App fürs Handy als Schlüssel gibt es natürlich auch, vom Panoramadach ganz zu schweigen. Dazu kommen so viele Assistenten, dass einen das Gebimmel und Gefiepe schon nach wenigen Kilometern nervt und man sie einen nach dem anderen abschaltet. Aber das alles kommt nicht über Pakete oder Einzelpositionen ins Auto, sondern ist Serie. Lediglich beim Lack hat der Kunde noch die Wahl zwischen drei Farben, die allerdings alle fast gleich aussehen – und natürlich auch keinen Aufpreis kosten.

Dass Leapmotor trotzdem so einen Kampfpreis hinbekommt, liegt neben den billigen Lieferanten in China und den dort mittlerweile ganz ansehnlichen Stückzahlen vor allem am Antrieb, bei dem sie sehr genau aufs Geld geschaut haben. Für den Vortrieb muss deshalb ein 70-kW-Maschinchen reichen, das mit seinen 130 km/h allerdings noch immer ein bisschen schneller läuft und spritziger ist als der 48 oder gar nur 33 kW schwache Magnetläufer des Spring. Und solange man sich damit nur in der Stadt bewegt, ist der nicht einmal 1.200 Kilo schwere T03 damit sogar ganz flott unterwegs, zumal ihn der kleine Wendekreis und die schmale Spur noch handlicher und agiler erscheinen lassen.

Und wo die europäischen Billigstromer erst mit etwa 40 kWh einsteigen, bescheiden sich die Chinesen mit einem 37,3 kWh-Akku. Das ist zwar ein gutes Drittel mehr als beim Dacia, doch mehr als 265 Normkilometer sind trotzdem nicht drin. Und wenn die erst mal abgespult sind, wird es erst so richtig zäh: Denn an der Wallbox liegt die Ladeleistung aktuell bei maximal 6,6 kW und am Schnelllader sind es auch nur 48 kW.

Ja, mit dem T03 erhöhen die Chinesen den Preisdruck massiv und machen Elektromobilität tatsächlich wieder ein bisschen erschwinglicher. Und wer keinen Wert auf Marke, Tradition oder auf die gewachsene Verbindung zum Händler legt, der bekommt mit dem T03 ein veritables Stadt- und Kurzstreckenauto.

Aber ob das Leapmotor zusammen mit dem ebenfalls in Kürze bestellbaren SUV C10 für den großen Sprung reicht und ob die Chinesen in Europa tatsächlich bald 500.000 Autos verkaufen können, wie es sich Firmenchef Tianshu Xin vorgenommen hat, das wird sich erst noch zeigen.

Doch wenn Leapmotor zum Erfolg werden sollte, dann geht der wohl weniger zu Lasten der VW-Gruppe, der Koreaner oder der anderen Chinesen. Stattdessen könnte der Aufstieg dann vor allem auf dem Rücken der neuen Schwestern erfolgen. Denn ein Citroën ë-C3 oder ein Fiat Grande Panda sind nicht um so viel besser als ein T03, wie sie teurer sind. Gut möglich also, das (Noch-)Stellantis-Chef Carlos Tavares mit seiner China-Adoption vor allem die eigene Sippe in Schieflage bringt, weil er sich den Feind in die Familie geholt hat.

Fotos: Leapmotor, T. Geiger