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EAM 05/2024 - Oktober/November
Zum siebten Mal fand die mittlerweile größte Elektroauto-Rallye Deutschlands statt. Die Strecke führte von Dresden aus quer durch Sachsen. Elektroautomobil war mit dabei.
Ein verregneter Freitag Mitte September in Dresden. Der Herbst hat den Sommer endgültig vertrieben und zeigt sich von seiner ungemütlichsten Seite. Wir kommen mit unserem aktuellen Dauertestwagen, einem gelben Volvo EX30 Twin Motor, in der sächsischen Hauptstadt an. Doch was treibt uns bei diesem Mistwetter in die pittoreske Elbmetropole?
Nun, wir haben einen hervorragenden Grund für den Besuch, denn hier findet der siebte E-Cannonball (ECB) statt – die größte Elektroauto-Rallye Deutschlands und Anziehungspunkt für die gesamte Szene der Elektromobilität.
Erdacht haben sich das Format Ove Kröger (bekannt durch seinen Youtube-Kanal T&T Emobility) und Oliver Krüger (163 Grad). Doch so wie sich die Elektromobilität verändert, verändert sich auch der ECB. Nachdem es anfänglich darum ging, eine bestimmte Strecke quer durch die Republik und so schnell wie möglich (allerdings im Rahmen der StVO) mit einem Elektroauto zurückzulegen, hat sich das Event spätestens seit dem E-Cannonball 2023 zu einer Rallye entwickelt, bei der der Spaß an der Elektromobilität im Vordergrund steht. Schließlich ist es heute für viele Stromer keine große Herausforderung, 1.000 Kilometer oder mehr mit zwei, drei Ladestopps abzuspulen.
Elektroautomobil ist zum zweiten Mal dabei. Nachdem unser Team im letzten Jahr den dritten Platz ergattern konnte, hoffen wir auf eine Wiederholung des Erfolgs. Allerdings ist das Teilnehmerfeld mit über 70 Teams so groß wie nie zuvor und erschwerend kommt hinzu, dass wir mit einer neuen Besetzung starten. Wir, das sind EAM-Redaktionsassistentin Ksenia Grakovskaya, und der Autor dieser Zeilen, EAM-Chefredakteur Marcus Zacher. Wir starten als Newbies und sind gespannt, was uns erwartet.
Zunächst einmal viele begeisterte Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Denn trotz des launischen Wetters ist die Stimmung bei der Ankunft bestens. Die Teams sind bunt gemischt und kommen aus allen Regionen des DACH-Raums und darüber hinaus. Das spiegelt sich auch in der Fahrzeugauswahl wider. Von Elektro-„Klassikern“, wie dem VW e-Golf oder der Renault Zoe, über nagelneue Modelle, wie Xpeng P7 oder Polestar 4, bis hin zu Luxuskarossen vom Schlage eines Hongqi E-HS9 oder Carmaniacs Mercedes-AMG EQS mit Brabus-Tuning ist alles dabei. Ein Highlight ist der Altas Elektrobus vom Team Omnibuzz auf Basis des Mercedes Sprinter. Noch nie zuvor hat ein vergleichbares Fahrzeug am ECB teilgenommen.
Am Samstagmorgen werden die Fahrzeuge für die Rallye präpariert, um sich anschließend der Botschaft der Elektromobilität zu widmen. Schließlich soll die Rallye nicht im „stillen Kämmerlein“ stattfinden, sondern muss „raus zu den Leuten“. So macht sich der ECB-Tross auf den Weg zum Dresdner Herbstmarkt, wo die über 70 Elektrofahrzeuge exklusiv ausgestellt werden. Die Innenstadt ist rappelvoll und das Wetter zeigt sich endlich wieder von seiner freundlichen Seite. So bekommen die tausenden von Besuchern des Herbstmarkts nicht nur die Chance, die riesige Modellvielfalt live zu erleben, sondern können auch mit vielen bekannten Gesichtern aus der Szene in Kontakt treten und sich mit erfahrenen E-Mobilisten austauschen.
Nebenher gilt es die ersten Punkte für das Ranking zu sammeln. Fünf teils knifflige Fragen über Ionity, dem Hauptsponsor des diesjährigen ECB, müssen beantwortet werden. Dabei sammeln wir 20 von 25 möglichen Punkten. Verloren ist jedoch noch nichts, denn die großen Challenges warten schließlich noch auf uns.
Am Sonntag ist es endlich soweit, um 06:30 morgens fällt der Startschuss bei – man soll es kaum glauben – mildem Wetter. Den Anfang macht die Fahrzeugklasse der „Heros“. Diese besondere Kategorie umfasst Eigen- und Umbauten von (ehemaligen) Verbrennern, spezielle Einzelexemplare, aber auch seltene Prototypen – also alles fernab der „Stangenware“ und damit ein absoluter Hingucker. In dieser Gruppe finden sich dieses Jahr unter anderem – besser hätte es nicht passen können – ein Elektro-Trabi wieder, der das Starterfeld anführt. Das Brot-und-Butter-Auto der DDR lief schließlich in Zwickau und Meerane vom Band, zwei Orte, in dessen Nähe der ECB die Teams heute führen wird.
Während sich die Heros auf eine verkürzte Strecke machen, starten daraufhin die Serien-Elektroautos der Gruppen 1 bis 3 auf eine 350 Kilometer lange Tour. In diese Gruppen werden die Fahrzeuge gemäß ihrer Reichweite, Akku-Größe und weiterer Kriterien einsortiert. Im Minutentakt überfahren die Stromer die Startlinie, wobei die Fahrzeuge mit gerader Startnummer den Kurs gegen den Uhrzeigersinn antreten, während die Teams mit ungerader Nummer im Uhrzeigersinn fahren.
Mit der Startnummer 45 sind wir eine Dreiviertelstunde nach dem Trabi dran. Die Tour führt uns zunächst durch das malerische Erzgebirge mit seinen gewundenen Tälern, kleinen Dörfchen und auf bis zu 800 Meter Höhe, wo wir uns durch dichten Nebel und tosenden Wind kämpfen. Davon gänzlich unbeeindruckt zeigt sich unser Rallyefahrzeug.
Unterwegs sammeln wir fleißig Punkte, indem wir die tschechische Grenze zumindest ganz kurz überqueren und einem riesigen Nussknacker einen Besuch abstatten. Als nächstes steht das Highlight des diesjährigen ECB auf dem Plan, die Arena E in Mülsen bei Zwickau. Dort herrscht gute Laune, sind doch hunderte Besucher vor Ort. Viele davon sind angereist mit ihrem E-Auto, weshalb man sich beim Betrachten des Parkplatzes in eine Utopie versetzt sieht, in der der Verbrennungsmotor schon im Jahr 2000 verboten worden ist.
Neben den vielen Besuchern warten hier zwei knifflige Geschicklichkeitsübungen mit den Titeln „englisches Parkhaus“ und „Waschstraße“ auf uns, die wir mit dem Volvo mehr oder weniger zufriedenstellend meistern. In der dritten Challenge ist dann Action angesagt, denn die Arena E bietet nicht nur eine Außenrennstrecke, auf dem der Cybertruck vom Team „carbonify“ der Bangula-Brüder (Youtube-Kanal Elektrisiert) ein paar spektakuläre Runden drehen darf, sondern auch eine Innenbahn für Elektro-Karts. Der ECB und Motorsport ohne Lärm und Gestank – it’s a Match!
Das Ziel ist es, eine möglichst schnelle Runde auf der Kartbahn zurückzulegen. Eingeteilt in Sechsergruppen winken hier bis zu 200 Punkte je Gruppe. Am Ende können wir uns diese mit einem hauchdünnen Vorsprung sichern. Doch reicht das aus, um die liegengelassenen Punkte aufzuholen?
Wir verlassen Mülsen, laden anschließend den Akku unseres Volvos für den Endspurt auf und nehmen dann das Märchenschloss Moritzburg ins Visier, das für den Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ als Kulisse diente und dadurch überregional bekannt wurde. Wie es der Zufall so will, finden zeitgleich die „Moritzburger Hengstparaden“ statt, sodass wir – inzwischen abermals bei strömenden Regen – von einer 16-Gespann-Kutsche begrüßt werden. Ein weiteres Mal fühlen wir uns in eine andere Zeit versetzt.
Dem Wetter geschuldet, halten wir uns nicht so lange an der Burg auf, wie sie es verdient hätte, sondern machen uns rasch auf die Suche nach Aschenbrödels verlorengegangener Fußbekleidung. Die hat auf wundersame Weise all die Jahrhunderte überdauert, sodass Touristen bis heute prüfen können, ob Ihnen der Schuh passt.
Nun trennen uns nur noch wenige Kilometer vom Zieleinlauf. Der Wettergott ist unnachgiebig und lässt die Teilnehmer im Regen einfahren. Doch wie schon zu Beginn der Veranstaltung lässt sich davon niemand die Stimmung verderben. Ein wenig erschöpft, aber glücklich, erreichen wir das Ziel um kurz nach 18 Uhr. Nun heißt es warten, denn welcher Platz es schlussendlich geworden ist, erfahren wir erst nach der Auswertung der gesammelten Punkte aller Teilnehmer
Am Ende sind die Gewinnerteams so bunt gemischt, wie das Starterfeld. Die Hero-Klasse sichert sich das Team Verkehrspurpur mit ihrem E-Trabi – vielleicht hat sich der Kult-Kleinwagen auf der Heimatroute besonders wohl gefühlt? Den Sieg in der Gruppe 3 kann das Team Combo mit dem Opel Combo-e für sich beanspruchen – krankheitsbedingt gar nur als Einzelfahrer unterwegs. In der Gruppe 2 ergattert das Team M&M ELECTRIC mit einem Hyundai Kona den ersten Platz. Nun kommt die Gruppe 1 dran, in der wir gelistet werden. Hat es – trotz der kleinen Schnitzer – für das Treppchen gereicht?
Leider nicht. Am Ende landet zwar ein gelber Volvo EX30 auf dem Podest, aber nicht unserer. Das Team Volvo x JÖNOHS schafft mit 783 Punkten den dritten Platz, die Sieger sind das Team EQV mit dem gleichnamigen Elektroauto und 820 Punkten – der maximal möglichen Punktzahl! Gratulation!
Und wir? Wir schaffen es mit 766 Punkten immerhin auf den fünften Platz in unserer Gruppe und auf den siebten Platz in der theoretischen Gesamtwertung der Gruppen 1 bis 3. Für uns Neulinge ein Ergebnis, mit dem wir mehr als zufrieden sind. Doch noch mehr haben uns die familiäre Atmosphäre, die Professionalität der Organisatoren und die bunte Mischung der Teams begeistert, die Lust auf mehr machen. ECB 2025 – wir kommen. Vielleicht klappt es ja dann mit dem Sprung aufs Podest?
Der nächste E-Cannonball wird schon vorbereitet. Nachdem in den letzten Jahren der Norden, Süden und Osten „unsicher“ gemacht worden sind, geht es 2025 in den Westen Deutschlands nach Nordrhein-Westfalen. Details dazu folgen.
Zur Homepage des E-Cannonballs…
Fotos: René Gaens, M. Zacher
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