Europastart von Changan: Erstaufschlag mit dem Deepal S07

25.03.2025 von Marcus Zacher

Erste Fahrt im neuen China-SUV

Der Zustrom chinesischer Automarken nach Europa reißt nicht ab: Mit Changan bereitet sich nun ein weiterer Riese vor, den hiesigen Fahrzeugmarkt zu erobern. Das soll mit gleich drei neuen Submarken erfolgen. Als Vorhut dient das Mittelklasse-SUV Deepal S07, mit dem wir eine erste Runde drehen konnten.

Zugegeben, es wird immer schwieriger bei der chinesischen Markenvielfalt den Überblick zu behalten: BYD leistet sich die Luxusmarke Yangwang und die Tochtermarke Denza, der Autobauer Chery schickt mit Omoda, Jaecoo und Exlantix ebenfalls drei Marken ins Rennen und Dongfeng vertreibt seine Produkte u. a. unter Seres, Voyah oder MHero. Um die Vielfalt ein wenig einzudämmen, hat beispielsweise GWM seine beiden Marken Wey und Ora unter dem eigenen Label zusammengefasst, ebenso plant es GAC mit Aion und Hyptec.

Europaexpansion mit drei Marken

Der Autobauer Changan – immerhin nach BYD, Chery und Geely die chinesische Nummer 4 – geht ähnlich vor und wird seine drei Submarken (Changan, Deepal und Avatr) zunächst unter dem Dachlabel in Europa auf den Markt bringen. Die drei Marken sollen verschiedene Kundengruppen ansprechen. Die Positionierung beschreiben die Marketingverantwortlichen grob wie folgt:

  • Changan: familienfreundlich und praktisch
  • Deepal: sportlich und fahraktiv
  • Avatr: avantgardistisch und luxuriös

Den Anfang macht der Autobauer, der übrigens „Chang-An“ gesprochen wird, nun also mit dem Deepal S07. Dabei handelt es sich um ein SUV der Mittelklasse, das sich in einem dicht besetzten Segment behaupten muss, das von Fahrzeugen wie dem Tesla Model Y, Škoda Enyaq oder VW ID.4 dominiert wird.

Vergleich Mittelklasse-SUV für ca. 45.000 Euro
Changan Deepal S07 Smart #5 Pro Tesla Model Y Škoda Enyaq 60
Batterie (brutto): 80 kWh 76 kWh ca. 60 kWh 63 kWh
Reichweite (WLTP): 475 km 465 km 500 km 437 km
Leistung: 160 kW 250 kW 220 kW 150 kW
Drehmoment: 320 Nm 373 Nm N/A 310 Nm
Höchstgeschw.: 180 km/h 200 km/h 201 km/h 160 km/h
0–100 km/h: 7,9 s 6,9 s 5,9 s 8,1 s
DC-Ladeleistung: 93 kW 150 kW 175 kW 165 kW
Ladezeit 10–80 %: ca. 45 min 30 min N/A 24 min
Preis (DE): ab 45.000 € ab 45.900 € ab 44.990 € ab 44.400 €

Solides SUV mit umfangreicher Ausstattung

Das geschmackvoll gestylte, kantige SUV streckt sich auf 4,75 Meter Länge und bietet bei einem Radstand von 2,90 Meter üppige Platzverhältnisse. Der Innenraum ist ansprechend gestaltet, tesla-ähnlich extrem tastenreduziert und die Qualität – abgesehen von kleineren Fehlgriffen wie den Plastik-Holzeinlagen in den Türen – ordentlich. Zudem ist die Ausstattung stets komplett. Alles, was man von einem modernen Auto wünscht, ist ab Werk verbaut. Eine elektrisch ein- und ausklappbare Anhängerkupplung gehört zu den wenigen Extras.

Auf den ersten Metern fährt sich der Deepal S07 im besten Sinne unspektakulär und komfortabel. Dank ordentlicher Geräuschdämmung bleibt es angenehm leise. Der 160 kW starke Hinterradantrieb sorgt für akzeptable Beschleunigungswerte, der elektroautotypische Kick bleibt jedoch aus.

Changan setzt auf einen zentralen und 15,6 Zoll großen Touchscreen, der sich auf Wunsch leicht zum Fahrer- oder Beifahrer neigen kann. Anders als etwa Tesla spendieren die Chinesen zusätzlich ein Head-up-Display mit Augmented Reality, wobei sich die AR-Effekte kaum von den normalen Einblendungen unterscheiden. Dennoch bleibt so der Blick stets auf der Straße, ein Fahrerdisplay haben wir nicht vermisst.

ADAS mit Einschränkungen, Software benötigt Feinschliff

Weniger überzeugen konnten die Assistenzsysteme. Diese arbeiten zwar – soweit wir das bei der kurzen Runde beurteilen konnten – weitestgehend zurückhaltend und ohne Fehlalarme, allerdings lassen sich Abstandsregeltempomat und die aktive Spurhaltung nur bis maximal 130 km/h aktivieren. Die meisten anderen Autobauer sind in diesem Punkt deutlich freizügiger, zumal der Deepal S07 bis zu 180 km/h schnell fahren darf.

Vielleicht legen die Entwickler hier noch einmal Hand an. Das sollten sie auch bei der deutschen Übersetzung der Software, die sich durch eine teils merkwürdige Wortwahl, Rechtschreibfehler und ungeschickte Worttrennung auszeichnet. Auch der Sprachassistent ist derzeit höchstens auf Englisch nutzbar. Ein Routenplaner fehlt derzeit ebenso.

Unzeitgemäße Ladeleistung als Showstopper

Doch das alles lässt sich vermutlich rascher beheben, als das vielleicht größte Manko des Deepal S07: die Ladeleistung. Nun sind 475 Norm-Kilometer schon nicht gerade üppig, doch der 80-kWh-Akku verträgt darüber hinaus nur 93 kW Ladeleistung in der Spitze, die Ladezeit wird mit elend langen 35 Minuten von 30 auf 80 Prozent angegeben. Von 10 auf 80 Prozent soll es (so zumindest ein mündliches Statement) etwa eine Dreiviertelstunde dauern. Diese Werte degradieren das eigentlich für lange Distanzen prädestinierte SUV zum Kurzstreckengefährt.

Bei genauer Betrachtung kommen uns diese Werte sehr bekannt vor, denn die „Long Range“-Version des Mazda 6e, der von Changan entwickelt wurde und auch dort gebaut wird, hat ähnliche Ladedaten. Allerdings kann die Limousine diesen Nachteil mit einer höheren Reichweite ein wenig entschärfen, obendrein gibt es eine zweite Akku-Option mit zwar weniger Kapazität, dafür jedoch zügiger Ladezeit von nur 24 Minuten (von 10 auf 80 Prozent). Eventuell schiebt Deepal diese Akkuversion nach, die in China bestellt werden kann, wenngleich die Norm-Reichweite dann auf schätzungsweise 400 Kilometer sinkt.

Wie die Reichweite in der Praxis ausfällt, konnten wir bei der Testfahrt bei frühlingshaften Temperaturen über Landstraßen und Autobahn nicht abschließend klären: So fiel die SoC-Anzeige während der 55 Kilometer langen Tour lediglich um 10 Prozent, was auf bis zu 550 km Reichweite hindeutet. Auf der anderen Seite wies die Verbrauchsanzeige 18,4 kWh/100 km aus, womit rechnerisch etwa 430 Kilometer möglich gewesen wären. Die Zahlen passen also offensichtlich nicht zusammen, genaue Aussagen können daher erst bei einem ausführlichen Test getroffen werden.

Trotz eines durchaus wettbewerbsfähigen Preises von 45.000 Euro wird es der Neuling deshalb nicht leicht haben, als Produkt einer völlig unbekannten Marke in einem gesättigten Automobilmarkt Fuß zu fassen.

So plant Changan den europäischen Marktstart

Dabei hat Changan technisch deutlich mehr in petto, als der Deepal S07 vermuten lässt: Die 800-Volt-Technologie hat der Konzern ebenso zur Marktreife gebracht, wie spektakuläre Karosseriedesigns und kinogleiches Infotainment für die Passagiere, wie ein Blick auf den Changan E07 zeigt.

Die Mischung aus Pick-up und SUV könnte glatt als Concept Car durchgehen, ist jedoch so in China zu haben – und könnte auch den Weg nach Europa finden. Vielleicht hätte Changan mit diesem Auto zum Start die Duftmarke setzen können, die der Deepal S07 nicht zu setzen vermag.

Changan E07

Nichtdestotrotz bereitet der Konzern nun intensiv die Expansion vor. Nachdem es bereits Entwicklungs- und Designcenter in Großbritannien, Deutschland und Italien gibt, wurde in München zusätzlich die Hauptvertretung eingerichtet.

Rund 100 Händler in 10 europäischen Märkten will man bis Ende des Jahres ins Boot geholt haben. Für Deutschland, Niederlande und Großbritannien wird zusätzlich eine eigene Vertriebsstruktur aufgebaut. Ab April 2025 soll das SUV zunächst in Skandinavien bestellt werden können, anschließend folgen die genannten Länder.

Fazit: Start mit einem mittelklassigen SUV der Mittelklasse

Mit viel Tamtam hat Changan den Europastart gefeiert. Das Launch Event gab Einblick in faszinierende Fahrzeuge, zu denen der Deepal S07 allerdings nicht gehört. Das darf man jedoch nicht falsch verstehen, das SUV ist grundsolide und fährt sich vernünftig. Doch es fehlen die Highlights, die das Fahrzeug von der Vielzahl der Alternativen abheben, die Ladeleistung ist nicht wettbewerbsfähig.

So blicken wir gespannt auf die weiteren sieben Produkte, die der Konzern bis 2028 nach Europa bringen wird. Denn eines haben wir bei der Veranstaltung ebenso gelernt: man sollte den chinesischen Riesen nicht unterschätzen.

Fotos: Changan, M. Zacher
Quelle(n): Pressemappe vom 21.03.2025

Pro & Contra: Changan Deepal S07

Pro:

  • vollständige Serienausstattung
  • viel Platz im Innenraum
  • fairer Preis

Contra:

  • viel zu lange DC-Ladezeit
  • Software benötigt Feinschliff
  • mäßige WLTP-Reichweite

Drei Alternativen zum Changan Deepal S07

Tesla Model Y

In der Grundausstattung kostet das Model Y von Tesla praktisch genauso viel wie der Deepal S07. Dafür kann das SUV mit seiner höheren Reichweite, der guten Effizienz und (zumindest im Basismodell) einer ordentlichen Ladekurve punkten. Exakt 44.990 Euro verlangt Tesla für das bereits sehr gut ausgestattete SUV.

Smart #5 Pro

Der Smart #5 ist in der Basisversion Pro zwar auch nur mit einem 400-Volt-Bordnetz ausgerüstet, doch das reicht für 150 kW Ladeleistung und eine solide Ladezeit von 30 Minuten. Die Ausstattung ist auch beim Smart üppig, die Reichweite liegt nur leicht utner der des Deepal S07. Mit 45.900 Euro ist der Smart #5 Pro nur 900 Euro teurer, als der Deepal S07.

Škoda Enyaq 60

Das Basismodell des Enyaq muss mit einem nur 60 kWh großen Akku vorlieb nehmen, dafür sind fast 440 km Reichweite beachtlich. Zudem erfolgt das Laden deutlich schneller: nur 24 Minuten sollen von 10 auf 80 Prozent vergehen. Die Basisausstattung ist bei Škoda jedoch dümm, viele Funktionen müssen extra bezahlt werden. Dafür beginnt die Preisliste schon bei 43.390 Euro.

Bildergalerie Changan Deepal S07

Technische Daten Changan Deepal S07
Fahrzeugklasse: Mittelklasse (D-Segment)
Karosserie: SUV
Sitze/Türen: 5/5
ANTRIEB
Antriebsart: Hinterradantrieb
Leistung: 160 kW
Drehmoment: 320 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Spannungsklasse: 400 V
Energieinhalt (brutto): 79,97 kWh
Ladeleistung AC: 11 kW
Ladeleistung DC: 93 kW
Ladezeit AC (0–100 %): N/A
Ladezeit DC (30–80 %): 35 min
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschw.: 180 km/h
0–100 km/h: 7,9 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Reichweite (WLTP): 475 km
Verbrauch (WLTP): N/A
ABMESSUNGEN & GEWICHT
L x B (ohne Spiegel) x H: 4,750 m x 1,930 m x 1,625 m
Breite (mit Spiegel): N/A
Radstand: 2,900 m
Gepäckraum: N/A
Frunk: vorhanden
Leergewicht: N/A
Anhängelast (g/u): 1.500 kg/750 kg
cW-Wert: N/A
PREIS & VERFÜGBARKEIT
Verfügbarkeit: Bestellstart in DE ab Q2/25, Auslieferungen ab Q3/25
Preis DE: 45.000 €
Preis AT: N/A
  1. Erwin Nüsser sagt:

    Bei der Ladeleistung und Reichweite wird das wohl eher ein Ladenhüter werden, ganz besonders wenn man bedenkt das ein X Peng G6 Long Range nur 2600 € mehr kostet aber effektiv mehr kann.

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