Erste Fahrt im BYD Sealion 7

25.11.2024 von Vanessa Lisa Oelmann

Gut gebrüllt, Seelöwe

Zwei Jahre nach dem Europastart bietet der chinesische Automobil- und Batteriegigant BYD hierzulande bereits sechs Modelle an. Vom kompakten Dolphin bis hin zur Oberklasse-Limousine Han gibt es so für beinahe jedes Segment ein Fahrzeug – dennoch blieb der erhoffte Durchbruch bislang aus. Interne Konflikte mit Partner Hedin Automotive bezüglich des Vertriebssystems sowie die ablehnende Haltung vieler europäischer Kunden gegenüber Fahrzeugen aus China dürften hier eine Rolle spielen, doch auch die verhältnismäßig schwache Ladeleistung wird immer wieder stark kritisiert. Kann also die Nummer 7 im Bunde, ein performantes SUV-Coupé mit dem Namen Sealion 7, endlich das Ruder herumreißen?

BYD wird zum Lademonster – doch es gibt einen Haken

Die gute Nachricht zuerst: Der Sealion 7 beendet die Ära der nur mittelprächtig ladenden BYD-Modelle und zeigt, was mit einem modernen 400-Volt-System möglich ist. Mit maximal 230 kW, welche den 91,3 kWh großen LFP-Akku in 24 Minuten von 10 auf 80 Prozent füllen, sind kurze Ladestopps möglich. Der Haken an der Sache: Nur der große Akku verfügt über diese tolle Ladeleistung, der kleinere 82,5-kWh-LFP-Akku kann weiterhin maximal 150 kW am Schnelllader ziehen und benötigt 32 Minuten von 10 auf 80 Prozent – nicht sonderlich konkurrenzfähig. Leider lässt sich der große Akku auch nicht beliebig kombinieren, sondern ist lediglich in Verbindung mit der höchsten der drei Ausstattungsvarianten namens „Excellence“ verfügbar und soll bis zu 502 Kilometer nach WLTP erlauben.

Sportlich, aber kein Sportler

Für die meisten Kunden wird der 230 kW leistende Heckantrieb wohl vollumfänglich genügen. Alternativ wird der Heckmotor durch ein 160 kW Aggregat an der Vorderachse ergänzt und beschleunigt den Sealion 7 in 4,5 Sekunden auf 100 km/h. Sportlich fährt er sich definitiv, ein Sportler ist er aber nicht – bei der Karosserieform ist das aber auch gar nicht möglich. Auf der Autobahn ist der Seelöwe sowohl als Hecktriebler als auch in der Allradversion bis zu 215 km/h flott. Dank des tiefen Schwerpunkts und seines Gewichts von fast 2,5 Tonnen (etwa 2,2 Tonnen beim Heckantrieb) liegt er satt auf der Fahrbahn, macht auch auf kurvigen Landstraßen ziemlich Spaß, das Fahrwerk erledigt seinen Job gut und die Bremse wirkt etwas griffiger, als man es von sonstigen chinesischen Fabrikaten gewöhnt ist.

Vom Feldberg ins Tal hinab macht sich das fehlende One-Pedal-Driving dann aber leider stark bemerkbar, auch die höhere der beiden Rekuperationsstufen reicht nicht aus, um den Wagen bei den erlaubten 60 km/h zu halten. Ungewöhnlich hoch fällt auch der Verbrauch des Seelöwen aus. Die Testfahrten fanden zwar im zwei Grad kalten Frankfurter Umland bei wiederkehrendem Schneeregen statt und die Strecke führte zunächst steil bergauf, dennoch erscheinen 28,6 kWh/100 km trotz Winterwetter und nachteiliger Topographie zu hoch. Möglich, dass sich die Verbrauchsanzeige auf der nur knapp 50 Kilometer langen Strecke noch nicht eingependelt hatte – so fällt es nach der anderthalb Stunden kurzen Testfahrt schwer, belastbare Aussagen bezüglich des Verbrauchs und daraus resultierender Reichweite zu treffen.

Hübscher Meeressäuger mit modernem Infotainment

Zum Design des Sealion 7 sollen an dieser Stelle nicht allzu viele Worte verloren werden – dass es sich um ein optisch wirklich ansprechendes Auto handelt, sollte zweifellos aus den Bildern hervorgehen. Beachtlich finden wir allerdings, dass BYD jedem Modell der „Ocean-Aesthetics-Reihe“ eine gemeinsame Grundmelodie und dennoch eigenständige Details verleiht, welche die Fahrzeuge eindeutig voneinander abgrenzen. Der kluge Kopf auf dem Chefdesigner-Thron ist übrigens kein anderer als Wolfgang Egger, welcher unter anderem den ersten Audi R8 und den Alfa Romeo 8C Competizione verantwortete.

Doch nicht nur sieht der Sealion 7 wie ein leckerer Happen aus, er bietet mit seinen 4,83 Metern Länge auch chinatypisch viel Platz auf der Rückbank. Der Kofferraum ist mit 520 Litern ausreichend groß für vier große Koffer, mit umgeklappten Rücksitzen schluckt der Seelöwe gar 1.789 Liter. Hinzu kommt ein 58 Liter großer Frunk, der sich nicht nur für die Aufbewahrung von Ladekabeln eignet, sondern problemlos noch weitere Gegenstände aufnehmen kann. Die heckgetriebene Version kann übrigens maximal 750 Kilo ziehen, bei den Allradversionen sind es 1.500 Kilo.

Der Innenraum besitzt dieselbe Eleganz, die wir bereits vom Seal kennen, und ist auch im selben Farbton Tahiti Blau konfigurierbar – ein klares Bekenntnis zu mehr Farbe im automobilen Fifty Shades of Grey namens Deutschland. Das Herzstück des Cockpits bildet ein 15,6 Zoll großer Touchscreen, der sich wie bei allen anderen Modellen auf Knopfdruck um 90 Grad rotieren lässt. Software kann BYD gut, durch ein OTA-Update bekamen jüngst alle Modelle in Deutschland eine Laderoutenplanung nachgeliefert, welche bis auf ein paar fehlende Filtermöglichkeiten ihren Job sehr gut erledigt. Völlig neu ist das Schnellzugriffmenü à la Tesla, anhand dessen Kofferraum, Fensterheber, Außenspiegel und Co. mittels 3D-Modell auf dem Display gesteuert werden können.

Sehr gute Basisausstattung zu vernünftigem Preis

Die Modellpalette von BYD glänzt grundsätzlich mit umfangreicher Serienausstattung und beim Sealion 7 sieht das nicht anders aus. Wer mit 6,7 Sekunden auf 100 und maximal 150 kW Ladeleistung zurechtkommt, dem wird die Comfort-Variante ab 47.990 Euro wohl genügen, hier sind bereits sämtliche Assistenzsysteme an Bord. Für 53.990 Euro gibt’s in der Design-Ausstattung nebst Allradantrieb noch ein Zoll größere Felgen sowie rote Bremssättel. Die Excellence-Version mit 91,3 kWh Akkupack, Nappaleder-Sitzbezügen und Head-up-Display rundet das Angebot nach oben ab und kostet 58.990 Euro. Das sind sicherlich keine Schnäppchen-Preise, aber der Sealion 7 will auch gar kein Billigheimer sein.

Wenngleich wir auf unserer ersten Fahrt mit dem chinesischen Seelöwen weder einen akkuraten Verbrauch ermitteln noch die 230 kW Spitzenladeleistung testen konnten und auf den malerischen Straßen im Taunus auch kaum Gelegenheit hatten, die Assistenzsysteme auszuprobieren, fällt der Ersteindruck der Nummer 7 überwiegend positiv aus. Neben der verhaltenen Ladeleistung des „kleinen“ 82,5 kWh Akkus und dem fehlenden One-Pedal-Driving leistet der Wagen sich keine offensichtlichen Fehler, fährt sich gut, lässt sich intuitiv bedienen.

Deutsche Kunden wünschen sich performante SUV-Coupés, mit denen man ohne schlechtes Gewissen Spaß haben kann, so heißt es bei der Pressekonferenz in Offenbach. Und obwohl das stimmen mag, werden wir das Gefühl nicht los, dass Elektroauto-Deutschland eigentlich zum Jahresende hin auf ein anderes BYD-Modell gehofft hatte. Doch keine Sorge: Der A-Segment-Flitzer Seagull bzw. Dolphin Mini, wie er hierzulande heißen wird, steht bereits in den Startlöchern und hat das Potenzial, jener Bestseller zu werden, der BYD in unseren europäischen Gefilden bislang noch fehlt.

Technische Daten BYD Sealion 7 Comfort BYD Sealion 7 Design AWD BYD Sealion 7 Excellence AWD
Fahrzeugklasse: SUV-Coupé der oberen Mittelklasse SUV-Coupé der oberen Mittelklasse SUV-Coupé der oberen Mittelklasse
Sitze/Türen: 5/5 5/5 5/5
ANTRIEB
Antriebsart: Hinterradantrieb Allradantrieb Allradantrieb
Bauart: hinten PSM vorne ASM, hinten PSM vorne ASM, hinten PSM
Leistung: 230 kW 390 kW 390 kW
Drehmoment: 380 Nm 690 Nm 690 Nm
BATTERIE & LADESTANDARD
Spannungsklasse: 400 V 400 V 400 V
Energieinhalt (brutto/netto): 82,5 kWh/— 82,5 kWh/— 91,3 kWh/—
Ladeleistung AC: 11 kW 11 kW 11 kW
Ladeleistung DC: 150 kW 150 kW 230 kW
Ladezeit AC (0–100 %): ca. 8 h 30 min ca. 8 h 30 min ca. 9 h 30 min
Ladezeit DC (10–80 %): ca. 32 min ca. 32 min ca. 24 min
FAHRLEISTUNGEN
Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h 215 km/h 215 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): 6,7 s 4,5 s 4,5 s
REICHWEITE & VERBRAUCH
Reichweite (WLTP): 482 km 456 km 502 km
Verbrauch (WLTP): 19,9 kWh/100 km 21,4 kWh/100 km 21,9 kWh/100 km
ABMESSUNGEN & GEWICHT
Länge x Breite (exkl. Spiegel) x Höhe: 4,830 m x 1,925 m x 1,620 m 4,830 m x 1,925 m x 1,620 m 4,830 m x 1,925 m x 1,620 m
Breite (inkl. Spiegel): 2,189 m 2,189 m 2,189 m
Radstand: 2,930 m 2,930 m 2,930 m
Gepäckraum: 520–1.789 l 520–1.789 l 520–1.789 l
Frunk: 58 l 58 l 58 l
Leergewicht: 2.225 kg 2.340 kg 2.435 kg
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 750 kg/750 kg 1.500 kg/750 kg 1.500 kg/750 kg
cW-Wert: 0,26 0,26 0,26
PREIS & VERFÜGBARKEIT
Verfügbarkeit: ab sofort bestellbar ab sofort bestellbar ab sofort bestellbar
Deutschland: ab 47.990 € ab 53.990 € ab 58.990 €
Österreich: N/A N/A N/A

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